1980er Jahre

Wechselobjektive der 1980er

Nachdem über weite Teile der 1970er Jahre hinweg nur noch das M42-Gewinde für hochwertige Wechselobjektive übrig geblieben war, sollten die 80er Jahre mit der Einführung des Praktica B-Bajonettes wieder durch eine Zweigleisigkeit geprägt sein.

Praktica B Objektive

Denn das was man sich in Dresden wohl ursprünglich vorgenommen hatte, die Gewindekameras zeitnah durch die neuen Geräte mit B-Bajonett zu ersetzen, gelang nicht und die Objektive mit M42-Gewindeanschluß verblieben daher weiterhin im Programm. Das hatte zum einen damit zu tun, daß die neue B-Reihe, die wesentlich stärker durch Elektronik geprägt war, von Anfang an nur begrenzte Stückzahlen zuließen. Zweitens blieben die L-Kameras vor allem auch im Export bis zum Ende der DDR gefragt.


Im Hintergrund geriet die DDR-Photoindustrie ab Mitte der 1980er Jahre jedoch zunehmend in eine sehr prekäre Lage. Die Weiterentwicklungen der letzten Jahre konnten nicht mehr darüber hinwegtäuschen, dass man den Anschluß an die internationalen technischen Trends verloren hatte. Es folgten kaum noch Neuentwicklungen und man baute nur noch Erzeugnisse, die Größtenteils seit mindestens zehn Jahren im Programm waren. Verschärft wurde die Lage, als ab 1985 quasi die gesamte DDR-Photoindustrie unter die Kontrolle des VEB Zeiss Jena gebracht wurde. In der Jenaer Kombinatsleitung hatte man lange Zeit kein Interesse daran, in den Sektor der Photogeräte Geld zu investieren. Und als ab etwa 1988 ein Umdenken einsetzte, da die Exporterlöse und damit die bereits verplanten Deviseneinnahmen einbrachen, da war es im Prinzip bereits zu spät. Schon vor dem Wendeherbst 1989 war der Kamera- und Objektivbau der DDR in eine sehr tiefe Krise geraten.

Die gläserne Fackel - ein Propagandastück ersten Ranges

Auch in der DDR war das Fernsehen rasch zum Unterhaltungsmedium Nummer 1 aufgestiegen. Damit die Zuschauer nicht nur die Westsender einschalteten, wurden beginnend mit "Gewissen in Aufruhr" von 1961 regelmäßig aufwendige Fernseh-Mehrteiler produziert, die eine spannende Handlung mit einer mehr oder weniger subtil vermittelten "richtigen" politischen Gesinnung verknüpften. Mit dem Mehrteiler "Wege übers Land" von 1968 wurde erstmals eine Form des Erzählens etabliert, die das Schicksal der Protagonisten über einen längeren Zeitraum verfolgt, nämlich von der Nazi-Zeit bis in die junge DDR. Auch wenn die Story am Ende hauptsächlich darauf hinausläuft, die Kollektivierung der Landwirtschaft zu rechtfertigen, so war das Ganze dennoch geschickt und fesselnd erzählt und nicht ganz ohne Selbstironie (mit einem Manfred Krug, der sogar einen SED-Parteisekretär sympathisch darstellen konnte).


Doch gegen Ende der 70er Jahre hatte sich das Blatt gewendet. Mit dem neuen Agitations-Chef Joachim Herrmann, der ein ganz primitives Kulturverständnis an den Tag legte, wurde insbesondere das Leitmedium Fernsehen endgültig zur plumpen Propagandamaschine. Schauspieler, Drehbuchautoren und Regisseure, die etwas auf dem Kasten hatten, verließen das Land oder weigerten sich, für die "Ideologiefabrik Fernsehen" (Frank Beyer) tätig zu werden. Auch das Publikum wendete sich ab. Private Antennenvereine, die das Westfernsehen selbst in die ungünstig gelegenen Regionen brachten, schossen damals wie Pilze aus dem Boden.


Vorläufiger Höhepunkt war der 1984/85 gedrehte Zweiteiler "Ernst Thälmann", der im Prinzip direkt durch das SED-Politbüro gesteuert wurde. So blieb den Machern nur übrig, Thälmann genau als das Abziehbild darzustellen, das die SED-Propaganda über Jahrzehnte hinweg aus der Figur gemacht hatte. Das Ziel eines derartigen Fernsehfilmes war, dem Publikum die gegenwärtige Politik der SED als Ergebnis einer gesetzmäßigen historischen Entwicklung zu begründen und als zwangsläufig plausibel zu machen. Der Erfolg war jedoch bescheiden. Diejenigen Zuschauer, die Mitte der 80er Jahre schon lange nicht mehr von der SED überzeugt waren, die schalteten so ein Programm gar nicht erst ein.


Ein ganz anderer Fall jedoch war die Serie "Sachsens Glanz und Preußens Gloria" aus derselben Zeit. Hier wurden nicht stereotype Arbeiterführer oder antifaschistische Widerstandskämpfer gezeigt, sondern die Ränkespiele das Adels am sächsischen und preußischen Hofe im 18. Jahrhundert. Der unvorstellbar aufwendig inszenierte Sechsteiler kam – auch weil er für die Vermarktung in der Bundesrepublik vorgesehen war ohne jegliche Propaganda aus. Ja, der geübte DDR-Fernsehzuschauer konnte in den intriganten Akteuren, die das Kurfürstentum sukzessive in den Bankrott führten, sogar unbeabsichtigte Parallelen zum eigenen Staat erkennen. Diese Mischung aus einem unterhaltsam inszenierten Historienschinken, guten Schauspielern und einer lokalen Thematik war ein ungeheuer Erfolg.

Die gläserne Fackel

Der siebenteilige Fernsehfilm "Die gläserne Fackel", der 1989 im DDR-Fernsehen lief, scheint nun auf auf genau dieser Erfolgswelle mitzuschwimmen. Wieder ein historisches Thema, diesmal aber in Thüringen angesiedelt. Wieder aufwendig inszeniert mit guten Schauspielern. Doch es fällt auf, daß diese Reihe über die Weltfirma Zeiss heute kaum bekannt ist und nach 1990 auch wenig im Fernsehen wiederholt wurde. Zwar werden die Figuren genau so grobschlächtig gezeichnet, wie man es von einer schlechten DDR-Verfilmung kennt: Die Arbeiter sind immer die Guten und stehen treu an der Seite der friedlichen Sowjetunion, die Kapitalisten sind immer böse und außerdem raffgierige Kriegstreiber. Doch darüber könnte man hinwegsehen angesichts der sehenswerten Bilder.


Doch das ganze ist viel schlimmer. Der aufmerksame Zuschauer stellt recht bald fest, daß der Entwicklung der Firma Zeiss mit den mal offen, mal unter verschleiertem Namen agierenden realen historischen Figuren eine dominante Nebenhandlung zur Seite gestellt wird. Über fünf Folgen hinweg müssen wir die ziemlich langatmig erzählte Geschichte einer fiktiven Familie Steinhüter über uns ergehen lassen, die über mehrere Generationen hinweg geradezu zwanghaft mit dem realen Werdegang der Firma Zeiss verwoben wird. Das ganze geht chronologisch vor sich und endet in Folge 5 in der Nachkriegszeit.


Doch dann gibt es in Folge 6 einen Schnitt und es wird unmittelbar ins Jahr 1975 gesprungen, wo Robert Steinhüter, der Ururenkel der in Folge 1 als Haushälterin der Familie Zeiß arbeitenden Karoline Steinhüter, plötzlich zum Generaldirektor des VEB Zeiss Jena gemacht wird. Jedem der mit der Firmengeschichte des VEB Zeiss Jena vertraut ist dürfte klar sein, dass es sich bei diesem Robert Steinhüter nur um eine Verkörperung Wolfgang Biermanns handeln kann. Damit wird einem aber auch schlagartig bewußt, daß diese ganze Darstellung des Schicksals der Familie Steinhüter in den Folgen zuvor nur den einzigen dramaturgischen Zweck verfolgt hat, dem Zuschauer zu suggerieren, dass der Generaldirekor Biermann bereits über Generationen hinweg mit Zeiss verknüpft sei und deshalb als Sohn der Arbeiterklasse legitimiert ist, nun den Betrieb zu leiten.

Und damit diese Propaganda auch wirklich volle Wirkung zeigt, setzt die Regie für die Darstellung dieses Robert Steinhüter denselben Schauspieler ein, der in Folge 1 den Firmengründer Carl Zeiß verkörpert hatte. Damit wird der allmächtige Generaldirektor Biermann zur regelrechten Reinkarnation von Carl Zeiß gemacht.

Übergabe U61000 September 1988

Dazu müssen wir uns noch einmal vor Augen führen, daß diese Fernsehserie lief, als dieser Wolfgang Biermann gerade dem vergreisten Honecker und dem inkompetenten Mittag den "Megabit-Speicherchip" überreicht hatte [Bild oben: Klaus Franke, Bundesarchiv]. Die DDR-Staatslenkung tat damals so, als würde sie zu den technologisch führenden Industrienationen der Welt gehören, während ein Großteil der Bevölkerung in immer weiter verfallenden Häusern lebte und jeden Tag für weitgehend wertloses Geld zur Arbeit ging. Wolfgang Biermann war in Wirklichkeit einer der verhaßtesten Figuren in der Endphase der DDR.

Marco Kröger, 6. März 2025