Praktica Panorama

Praktica Panorama Reflex

Praktica Panorama Reflex

Abstract: This is a panorama camera based on two combined Praktica FX. The idea behind it was to use the full image circle of medium format  objectives instead of special large format wideangles. Objectives of the 6x6-format are computed for an image circle of 80mm. A picture format of 24x74mm fits perfectly into that circle using the picture angle entirely. 74mm is the width of 16 perforation holes minus the standard 2mm space between the pictures.The second aspect was to have a panorama camera with a reflex finder. Even extremely expensive professional panorama cameras (like the Noblex) just offer an optical viewfinder. I wanted to make such a camera in form of a single lens reflex which allows exact composure on the matte screen. So the second idea was to use the widely spread Pentacon Six lenses. But as a result of this the camera needed an own focal plane shutter. It turned out to be quite a task to reconstruct the Praktica shutter to cover the whole 74mm width.  Of course the  Praktica Panorama Reflex had to have a film transport with auto stop. As a result it handles the same way as a normal Praktica. As a highlight the camera received a semi-automatic aparture mechanism so that the aparture closes shortly before the picture is taken and the viewfinder image stays bright until the last moment.

Praktica Panorama Reflex

Das hier ist vielleicht nicht die schönste Kamera, die ich je gebaut habe. Aber sie war der erste Versuch einmal die Idee auszuprobieren, ein Panorama-Format mit dem Prinzip der einäugigen Spiegelreflexkamera zu verknüpfen. Sie ist aus zwei Praktica FX Gehäusen entstanden, die beide verbrauchte Verschlußtücher hatten. Eine Reparatur lohnt sich in solchen Fällen meist nicht, also wieso nicht aus ihnen etwas basteln...


Der Ursprung war der folgende: Jemand berichtete mir, wie er mit seiner Pentacon Six Panoramaaufnahmen auf Kleinbildfilm gemacht habe. Das sah zwar interessant aus, aber im Grunde genommen war das Resultat dasselbe, als habe man normale Mittelformat-Negative lediglich in der Höhe auf 24x56 mm beschnitten. Wenn man da die Diagonale ausrechnet, kommt man auf eine Bildkreisausnutzung von gerade einmal 60mm. Ein 6x6-Objektiv zeichnet aber einen Bildkreis aus, der 20mm  größer im Durchmesser ist. Das reicht für zwei nebeneinanderliegende Kleinbildaufnahmen 24x36mm, also sechzehn Perforationslöcher. Das sind 76mm Bildbreite minus 2mm Bildsteg. Der Bildwinkel eines Mittelformatobjektives 6x6cm auf 35mm Kleinbildfilm würde also dann ökonomisch ausgenutzt werden, wenn das Bildformat auf 24x74mm festgelegt wäre. Bildlich dargestellt sieht das wie folgt aus:

Bildkreis Praktica Panorama

Das war die einzige Zeichnung, die ich angefertigt habe, um mir über das Prinzip im Klaren zu werden. Der Rest entstand im Kopf. Der Ablauf der einzelnen Arbeitsschritte, was alles angefertigt werden mußte usw. das ergab sich seltsamerweise wie eine logische Folge. Der Rest war nur eine Frage der Fingerfertigkeit. Bei der praktischen Umsetzung haben mir auch die Arbeitstechniken geholfen, die ich mir beim Bau von Stereokameras bereits erarbeitet habe.

Praktica Panorama Reflex

Das schwierigste an allem war natürlich der Schlitzverschluß. Er mußte ja nun die doppelte  Bildbreite abdecken. Die großzügige Auslegung des auf Alois Hoheisel zurückgehenden Verschlusses der Praktiflex erlaubte gerade noch genug Spielraum. Die Verschlußzeitenreihe beträgt nun 1/200; 1/100; 1/50; 1/25 und 1/15 Sekunde. Letztere ist gleichzeitig die Offenzeit für den Elektronenblitz. Es stellte sich heraus, daß trotz des riesigen Laufweges der Verschlußtücher die Verschlußzeit über die Bildfensterbreite sehr gut konstant blieb, weil sich der Verschluß so justieren ließ, daß sich die Schlitzbreite während des Ablaufes leicht vergrößerte. Dieses Prinzip habe ich mir einfach mal bei Siegfried Böhm ausgeborgt. ;-)

Verschlußvorhang
Practica Panorama Reflex
Praktica Panorama Reflex
Praktica Panorama Reflex

Der Hebel vor dem Auslöser dient zum Öffnen der Blende, die beim Auslösen selbsttätig wieder zuspringt. Also sogar eine Blendenautomatik hat diese Kamera. Und einen wirklich großen, hellen Reflexsucher. Das ist ja das Problem bei vielen Panoramakameras: Selbst Geräte für viele tausend Euro haben nur einen einfachen Newtonsucher. Dabei ist gerade bei Panoramaufnahmen die richtige Ausschnittswahl wichtig. Die Mattscheibe und das Praktisix-Bajonett für die Wechselobjektive machen diese Kamera zu einem sehr praktischen Werkzeug für besondere Bildeffekte. Und es macht Spaß damit zu experimentieren, zumal sich die Bedienung nicht von der üblichen Praktica unterscheidet. Mit einer Ausnahme allerdings: Der Filmtransportknopf stoppt erst nach zwei Umdrehungen. :-)

Oben  das repräsentative Hauptgebäude der Filmfabrik AGFA Wolfen, photographiert mit der Praktica Panorama Reflex  und dem Flektogon 4/50mm. Nach der Sanierung befindet sich in diesem  Bau die Kommunalverwaltung  Bitterfeld-Wolfens.


Unten: Durch das Bauprinzip als Einäugige Reflexkamera sind prinzipiell auch Nahaufnahmen möglich, auch wenn es vielleicht nicht ganz einfach ist, passende Motive dafür zu finden. Aber das ist ja nicht die Aufgabe des Phototechnikers, sondern des Photokünstlers. Meine Beispielbilder sind dahingehend eher unrepräsentativ.

Effektvolle Landschaftsaufnahmen liefert auch der Schwarzweißfilm, zumal in Verbindung mit einem Orangefilter. Für das hier eingesetzte Flektogon 4/50 muß dieser allerdings  der Baugröße M86W entsprechen, also eigentlich ein Filter M95 mit M86 Gewinde hinten. Die 75 Grad Bildwinkel des Flektogons werden schließlich vollkommen ausgenutzt und es besteht sonst Vignettierungsgefahr. Dazu gleich noch eine Bemerkung: Dieses Objektiv ist an der Praktica Panorama Reflex sowohl ein Weitwinkel, als auch ein Normalobjektiv. Die Bildhöhe bleibt ja bei den 24mm des Kleinbildes, das heißt in der Vertikalen hat dieses Mittelformatobjektiv dieselbe Wirkung, wie sonst das übliche Normalobjektiv. Die Bildwirkung entspricht hier dem natürlichen Eindruck unserer Augen. Die gesamte Weitwinkelwirkung erstreckt sich demnach ausschließlich auf die horizontale Bildrichtung. Anders also, als wenn man eine Weitwinkelaufnahme mit einer üblichen 24x36mm Kleinbildkamera macht, die horizontal einen ähnlichen Bildwinkel ergeben würde, verengt eine Aufnahme mit einer echten Panoramakamera  das Bildfeld in der Vertiaklen. Da sich gerade hier oftmals störende Bilddetails befinden, kommt das der Bildgestaltung sehr entgegen. Man muß sich nur erst einmal an diese Art zu photographieren gewöhnen. Dabei hilft der Reflexsucher übrigens ungemein. 


Weil dieser sich auf die Bildhöhe beziehende Bildwinkel aber gerade für Innenstadt-Aufnahmen als zu klein erwiesen hat, war die Idee, mit Shift-Objektiven noch einmal deutlich kurzbrennweitigere Weitwinkel zu benutzen, die ein Panorama-Format dennoch auszufüllen imstande sind. Das führte zum Bau der Exakta Panorama Reflex und schließlich der Exa Rama.

Es sei noch einmal darauf hingewiesen, daß es durchaus nicht auf dasselbe hinausläuft, wenn man nachträglich bei einer Normalaufnahme oben und unten etwas wegschneidet, um zu einem Panorama zu gelangen. Ein solches Vorgehen bedeutet immer, daß nutzbares Bildfeld  des Objektivs verschenkt werden würde. Bei dieser Panoramakamera wird der Bildkreis des Objektivs aber trotz des langezogenen Formates zur Gänze verwertet. So etwas ist und bleibt übrigens das Privileg der photochemischen Photographie, da hier die Form und Ausdehnung der lichtempfindlichen Fläche in weiten Kreisen frei gewählt werden kann. In der auf elektronischen Bildwandlern beruhenden Photographie ist dies nicht so ohne weiteres möglich. Demgegenüber ist es aber problemlos machbar, die Filmfläche auf das doppelte oder gar dreifache auszudehnen. Auch der Rollfilm 120 bietet sich für solche Extreme an. Hier bekommt man allerdings zum Teil nur noch wenige Bilder auf den Film, was das ganze recht teuer werden läßt.

Mit einer Lehre zum maßgerechten Auseinandersägen lassen sich aus zwei normalen Kunststoffrähmchen Panorama-Rahmen mit dem Nutzformat 23x73mm anfertigen. Der zugehörige Panorama Projektor, den ich aus Teilen eines alten Vergrößerungsgerätes gebaut habe, sieht zugegebenermaßen recht abenteuerlich aus. Aber die 250 Watt Halogenlampe sorgt in Verbindung mit dem großen Bildfenster für außerordentlich brilliante, farbintensive Projektionsbilder, die stark an das Bilderlebnis im Kino erinnern, wobei hier eher der Vergleich mit dem legendären 70mm-Film passend wäre.

Marco Kröger


letzte Änderung: 31. März 2020