Elektronenblitzgeräte

Elektronenblitzgeräte

Blohm B70

Blohm B70

Hierbei handelt es sich um einen echten Pionier unter den Röhrenblitzgeräten der DDR.  Das bezeugen auch die Größe und die Masse dieses Gerätes. Drei Kilo wiegt der handtaschengroße Generator. Drinnen dominiert klassische Technik mit mechanischem Zerhacker, Selengleichrichtern und einem Wandlertransformator  auf Basis von Dynamoblech. Transistoren und Ferritkerne  liefen zu jener Zeit noch in den Kinderschuhen  und an spannungsfeste Siliziumdioden  war noch nicht einmal zu denken.   Aber das Preßstoffgehäuse sieht auch nach 60 Jahren  noch wie neu aus, die Elektroden der Blitzröhre sind nicht einmal von einem Fünkchen an Schwärzung umgeben und der Reflektor  glänzt wie am ersten Tag.  Deshalb habe ich dieses Blitzgerät auch wieder funktionstüchtig gemacht. Näheres ist unter der Rubrik "Basteleien und Reparturen" nachzulesen.


Eine Sache muß ich allerdings noch anmerken: Dieses Blitzgerät ist eine sicherheitstechnische Fehlkonstruktion.  Aus Ermangelung genormter Netzanschlußbuchsen wurde für die Stromzufuhr aus dem 220 Volt Netz dieselbe Stecker-Buchsenkombination verwendet, wie für die Verbindung  zwischen Blitzkondensator und  Lampenstab. Das bedeutet aber, daß der Anwender des Blitzgerätes versehentlich das Netzkabel in die Buchse für das Lampenkabel einstecken kann. In diese, Fall liegen an den blanken Stiften des Netzsteckers die vollen 500 Volt Blitzspannung an.  Gar  nicht auszudenken, was da alles passieren kann.  Mir standen die Haare zu Berge, als ich das entdeckte. Man fragt sich, ob es damals keinerlei Prüfinstitute gegeben hat. Das Gerät hätte in dieser Konfiguration niemals auf den Markt kommen dürfen. In der Bedienungsanleitung wird zwar auf Seite 6 erwähnt, daß man das Lampenkabel nicht in die Netzeingangbuchse stecken darf. Aber dann würde das Gerät lediglich nicht abblitzen. Der andere, ungleich fatalere Fall wird  mit keiner Silbe erwähnt. Das  ist gelinde gesagt ziemlich erschütternd...

Elgawa Elgatron

Superlative kann man in beiderlei Richtungen anwenden: nach „oben“ und nach „unten“. Der Superlativ von „klein“ lautet dann offenbar „kleinst“. „Kleinstblitzröhrengerät ‚sony‘ (Gewicht 1 kg, Maße 180 x 125 x 45 mm)“ lautete die Bildunterschrift in einem Artikel, mit dem dieses neuartige Gerät den Lesern der Fachzeitschrift „Die Fotografie“ im Herbst 1959 vorgestellt wurde [Vgl. Fotografie 11/1959, S. 404]. Sowohl die angegebenen Abmessungen als auch der Produktname „sony“ lassen uns heute schmunzeln. Was man damals eben als klein ansah. Und mit "sony" verbindet man heute auch etwas anders gelagerte Phototechnik.

Elgawa Elgatron

„Fotoland DDR“ war dieser besagte Artikel übrigens überschrieben und in den ersten zwei Absätzen erfolgt erst einmal eine typische Selbstbeweihräucherung unter dem Motto „wie schön ist doch unsere kleine Republik und wie viel haben wir schon seit ihrer Gründung geschafft“. Dieses ungewöhnliche Präludium zu einem Messebericht läßt sich nur im Lichte des Messeberichtes vom Vorjahr verstehen. 1958 hatte nämlich ein gewisser Siegfried Kaufmann die damaligen Neuerscheinungen unter einem ungewöhnlich kritischen Auge begutachtet und insbesondere ihre Sinnhaftigkeit und Preisgestaltung in Zweifel gezogen. Danach muß hinter den Kulissen offenbar richtig Krach gegeben haben. War Siegfried Kaufmann dem Fachpublikum der DDR bislang als umtriebiger Autor aufgefallen, der vor allem die Amateurzeitschrift „Fotofalter“ beinah im Alleingang zu füllen schien, so wurde es meiner Wahrnehmung nach nun erst einmal etwas stiller um ihn. Da hat wohl einer gehörig auf die Finger gekriegt…

Jetzt aber, 1959, da die Herbstmesse wenige Tage vor dem zehnten Jahrestag der Gründung "unserer schönen Republik" eröffnet wurde, galt es, solcherlei negativistische Betrachtungen von Anfang an zu unterbinden und alles ins rechte Licht zu rücken. Ich zitiere hier nur einmal den Eingangssatz: „Die Deutsche Demokratische Republik ist ein Fotoland: Die Schönheit ihrer Landschaften ist fotografisch unerschöpflich, die Städte und Dörfer strahlen dem Besucher mit neuen Gesichtern entgegen und künden von der gewaltigen Arbeitsleistung des Wiederaufbaus, den in seinen eindrucksvollen Etappen und in seinen vieltausendfachen Endergebnissen im Lichtbild festzuhalten eine mehr als lohnende Aufgabe ist.“ In diesem Pathos geht das noch endlos weiter. Von Widersprüchen innerhalb der DDR-Photoindustrie, wie sie Siegfried Kaufmann im Vorjahr noch in einer ungewöhnlichen Deutlichkeit angesprochen hatte, war nun nichts mehr zu hören. Aber diese Widersprüche waren da und wurden von der Bevölkerung trotz Beschwichtigung deutlich wahrgenommen. Neben Sinnhaftigkeit und Preisgestaltung von Photogeräten betraf dies vor allem deren Verfügbarkeit im Handel. Und was letzteren Punkt angeht, ist unser „sony“ ein besonders deutliches Beispiel. Denn nachdem dieses, dem internationalen Stand entsprechende Transistorblitzgerät, im Herbst 1959 so enthusiastisch vorgestellt worden war, blieb eine nennenswerte Serienfertigung zunächst aus. Dabei herrschte in der DDR ein besonders eklatanter Mangel an Elektronenblitzgeräten für den Amateur – ein Grund dafür, daß sich hier die Blitzbirnen noch so lange hielten.

Als das leicht weiterentwickelte Gerät um 1962/63 unter dem neuen Namen „Elgatron“ endlich in erkennbaren Stückzahlen in den Geschäften auftauchte, war es mittlerweile völlig veraltet. Zweiteilige Elektronenblitzer für den Amateur waren im Westen fast vollständig durch eine Unzahl einteiliger Geräte verdrängt worden (Loewe Optatron 40, Metz Mecablitz 109, Mannsmann Multiblitz 22, Braun F 21, Eltronik Cornet SE, King Regula variant usw.). Diese Situation wurde in der DDR erst mit dem „Minitron“ überwunden, bei dem dann Generator und Blitzleuchte in ein und demselben Gehäuse vereint waren. Außerdem arbeiteten diese Blitzgeräte fast durchweg mit wiederaufladbaren Nickel-Cadmium-Zellen, da ein ständiges Betreiben mit Primärelementen ("Batterien") sehr unwirtschaftlich war. Wie man aus den obigen Dokumenten entnehmen kann, wurde aber genau diese beim "Sony" vorhandene Option, wahlweise Primärzellen oder NK-Akkus zu verwenden, beim Elgatron aufgegeben. Auch das von "außen anschließbare Ladeteil" wurde fallengelassen. Es gab wohl Probleme mit dem Beschaffen dieser Akkus, die den Serienanlauf des "Sony" verzögerten.

Elgatron

Eine weitere Ursache, die diese "Startschwierigkeiten" erklären könnte, ist mir an einem recht frühen Seriengerät aufgefallen, das am 29. September 1962 das Plauener Werk verlassen hat. Aus den Schaltteillisten war bislang bereits bekannt, daß für den Transverter der Leistungstransistor OC 26 verwendet wurde, der Ströme bis 3,5 A schalten konnte. Interessant ist aber, daß zumindest am Anfang noch nicht die ungarische Lizenzversion von Tungsram verwendet wurde (bzw. werden konnte), sondern das Original von Valvo aus der Bundesrepublik verbaut wurde. Bedenken Sie, daß solche Schalttransitoren damals nicht nur High-Tech darstellten und entsprechend teuer waren, sondern für jedes der bestückten Geräte somit auch Devisen benötigt wurden. Devisenbedarf verlangte aber  nach aufwendiger Genehmigung und zog stets streng kontingentierte Produktion nach sich. Vor diesem Hintergrund dürfen verschleppte Einführung und beschränkte Produktionsmengen also nicht verwundern. Trotzdem scheint im IV. Quartal 1962 bereits das 10.000ste Gerät das Werk verlassen zu haben.

Elgatron

Die Dokumentenüberlieferung zu diesem Blitzgerät ermöglicht uns überdies noch einen weiteren interessanten Einblick in die Wirklichkeit des DDR-Konsumalltags, den ich dem Leser nicht vorenthalten möchte. Herr Jürgen Würtele aus Weimar hatte ein solches Elektronenblitzgerät Elgatron am 12. Februar 1963 im HO-Industriewarengeschäft Halle zum Preise von stolzen 205,- Mark erstanden. Gehen wir zugunsten des Herstellers davon aus, daß der Besitzer des Elgatron viele Jahre Freude an seinem Blitzgerät gehabt hat, so legen die erhaltenen Dokumente Zeugnis davon ab, daß das Gerät spätestens Mitte der 80er Jahre dennoch nicht mehr funktionstüchtig gewesen ist. Sehr aufschlußreich ist die Korrespondenz, die Herr Würtele daraufhin mit den Reparaturwerkstätten geführt hat, die ihm letztlich alle wegen nicht mehr vorhandener Ersatzteile eine Abfuhr erteilen mußten.

Weder der Dienstleistungebetrieb "Telelux" in Mühlhausen, noch "Foto-Görtz" in Bad Frankenhausen und schon gar nicht der VEB "Hauswirtschaftliche Dienstleistungen und Reparaturen" in Gera konnten Herrn Würtele in Bezug auf seine Reparatur weiterhelfen - trotz aller Bemühungen mit seinen Antwortkarten. Und weil sich der VEB Hauswirtschaft in Suhl zu einer etwas umfangreicheren Stellungnahme durchringen konnte, wissen wir, daß die Ersatzteilversorgung für dieses Blitzgerät schon seit Anfang der 70er Jahre  zum Erliegen gekommen war.

Auch der Hersteller Elgawa Plauen konnte das Elgatron des Herrn Würtele Mitte der 80er Jahre nicht mehr instandsetzen. Grund dürfte der Blitzkondensator gewesen sein, der bei meinen ersten Reaktivierungsversuchen bereits bei knapp über 200 Volt durchschlug. Diese Elektrolytkondensatoren mit 500 Volt Nennspannung (550 Volt Spitzenspannungsfestigkeit) waren stets an der Grenze des mit dieser Technologie Machbaren. Deshalb haben sich später Blitzkondensatoren mit Nennspannungen unter 400V durchgesetzt. Wird ein 500V-Kondensator nicht regelmäßig (mindestens monatlich) formiert (also an Nennspannung gelegt), dann verändert sich sein Dielektrikum so nachhaltig, daß es beim nächsten Ladevorgang einfach durchschlägt. Und ist das einmal passiert, gibt es – anders als beispielsweise bei den „selbstheilenden“ Metallpapierkondensatoren – kein Zurück mehr. Diese Anfälligkeit zum Durchschlagen ist aber auch herstellerspezifisch. Ich habe einen bauähnlichen Blitzelko westdeutscher Fabrikation durchaus wieder formieren können, obwohl er auch nicht wesentlich jünger ist. Über 30 Jahre nach Herrn Würteles vergeblichen Reparaturanfragen lädt  sein Elgatron nun wieder ordnungsgemäß. Und zwar mit einem West-Elko...

Elgatron
Elgatron Innenaufbau

Zum Schluß noch ein paar Worte zur technischen Auslegung des Elgatron. Hier fällt auf, daß die Abschaltung des Transverters von einer Glimmlampe gesteuert wird. Deren spannungsabhängiges Schaltverhalten ist dahingehend ungünstig, weil Zünd- und Löschspannung doch recht weit auseinanderliegen, was zu einer großen Hysterese der Spannung am Blitzelko führen kann. Dies äußert sich in unterschiedlich stark gedeckten Negativen. Deshalb wird hier der Trick angewandt, daß nach dem Zünden der Glimmlampe immer für kurze Zeit nachgeladen wird, um die Verluste im Kondensator auszugleichen. Bei schlecht formiertem Kondensator sinkt die Spannung am Kondensator trotzdem langsam bis zur Löschspannung der Glimmlamp ab. Als sehr ungünstig wirkt sich zudem die Tatsache aus, daß die Zündspannung einer Glimmlampe stark temperaturabhängig ist. Anno 1959 war dieser Aufbau vielleicht noch zeitgemäß, in den 60er Jahren aber längst überholt. Beim viermal so teuren Profi-Blitzgerät Elgapress setzte man (nach einer Übergangsphase mit einem Relais) eine sogenannte Zenerdiode ein, deren wenig temperaturabhängige Schaltschwelle durch einen nachgeschalteten dreistufigen Transistorverstärker sehr stark eingeengt werden konnte, wodurch das Elgapress sehr konstant lädt.

Elgatron Stromlaufplan

Elgawa Minitron

Schon wenige Jahre später aber hatte der VEB Elgawa Plauen den Rückstand zum Weltmarkt weitgehend aufgeholt. 1967 wurde dieses Kompaktblitzgerät vorgestellt, bei dem endlich Generator und Blitzleuchte in ein und demselben Gehäuse vereinigt werden konnte. Das Minitron war nun derart miniaturisiert, daß es gar auf die Kamera aufsteckbar war. Vier integrierte Nickel-Kadmium-Zellen lieferten den Strom für die Ladung des Blitzkondensators. Mit dem Ladegerät war auch kombinierter Netzbetrieb möglich. Die Formgestaltung erfolgte in Zusammenarbeit mit einem Jugendkollektiv.

Elgawa Minitron
Elgawa Minitron
Elgawa Minitron
Elgawa Minitron
Minitron Preis
Minitron Garantieschein

Ein 1970 gekauftes Exemplar dieses "Erzeugnisses der Weltspitze" hat im Sommer 1978 noch einmal neue Akkus bekommen. Und zwar einen Dreiersatz zu 27 Mark 80, wie er für den mittlerweile gefertigten SL4 üblich war, plus eine einzelne Zelle zu 8 Mark 80, weil das Minitron nun eben vier solcher Zellen benötigte. Leider war das Exemplar Nr. 19117 nach 50 Jahren derart zerfallen, daß ich es hier nicht zeigen kann.

Weltspitze
Minitron Reparatur
Minitron Reparatur 2

Elgawa Minilux

Zwei Jahre vor dem Minitron hatte man in Plauen allerdings noch einen anderen Weg gewählt. Zur Frühjahrsmesse 1965 [Vgl. Fotokino Magazin 7/1965, S. 195.] brachte Elgawa nämlich ein zweiteiliges Elektronenblitzgerät heraus, das heißt das eigentliche Blitzgerät war als Netzgerät ausgelegt, das bei Bedarf mit einem Akkumulatorteil kombiniert werden konnte. Wer nur im Innenraum blitzen wollte, konnte dabei also auf den Akkuteil verzichten. Das brachte einen Kostenvorteil bzw. die Möglichkeit, das Gerät später aufzurüsten. Mit 97,- Mark Verkaufspreis für das Netzgerät war ein Elektronenblitzgerät nun endlich für jeden engagierten Amateur erschwinglich geworden.

Modern am Minilux war die äußere Gestalt, modern war die gedruckte Schaltung sowie der bedampfte Kunststoffreflektor. Beim Nachfolger SL3 war dieser seltsamerweise wieder aus vollem Aluminium. Dafür hatte das Minilux aber noch einen Blitzelko nach dem alten 500-Volt-Standard, der mit einer ungünstigen Spannungsverdopplerschaltung geladen werden mußte. Weil dann die Ladeschlußspannung eigentlich 620 Volt erreichen würde, mußte diese mit einem Varistor auf 500 Volt begrenzt werden. Diese Varistoren sowie die Ladegleichrichter auf Selenbasis sorgen dafür, daß heute keines der Miniluxe mehr funktionieren dürfte. Ganz anders als beim SL3, das mit seiner einfachen Einweggleichrichtung auf Basis einer Siliziumdiode und den wesentlich robusteren 350-Volt-Kondensatoren oftmals noch heute einsetzbar ist.

Typisch am Minilux ist noch das fest angeschlossene Synchronkabel. Der Mittenkontakt im Steckschuh war damals noch nicht üblich. Das abziehbare Netzkabel täuscht wiederum eine Netzunabhängigkeit vor, deren Ausnutzung aber in der Praxis nicht zu empfehlen war. Die große Selbstentladung der 500-Volt-Kondensatoren ließ die Spannung und damit die Blitzleistung zu rasch absinken.

Elgawa Minilux

Elgawa B120

Ein Einfachst-Blitzgerät, für das der Handel trotzdem noch 130,- Mark verlangte. Als Nachfolger des SL5 zeichnete es sich durch einen neuen Reflektor aus, der eine geringfügig höhere Leitzahl ermöglichte (LZ20 für 21 DIN). Diese Leitzahl war allerdings nur wenig konstant, da  die Spannung am Kondensator sehr von der Batteriespannung abhängig war. Das war eine unabdingliche Folge der sehr spartanisch ausgelegten Schaltung auf Basis eines einzigen Transistors für den Transverter. Keine Abschaltautomatik also. Aufgrund der geringen Betriebsspannung von 3 Volt kam nur ein Germaniumtransistor (AC188K von Tungsram) infrage. Die in westlichen Ländern zu jener Zeit (1987) bereits durchweg verwendeten Silizium-Schalttransistoren mit verringerter Schwellenspannung  waren im Osten  nicht verfügbar.

Elgawa Elgapress

In einem zeitgenössischen Fachbuch zur Blitztechnik „Blitzlicht von heute“ von Horst Schrader kann man in der 2. Auflage von 1957 in einem zusammenfassenden Ausblick unter dem Stichwort „Blitzlicht von morgen“ lesen: „Ich bin der Überzeugung, die Entwicklung der Blitzlichtfotografie ist heute so weit fortgeschritten, daß man sie getrost als im wesentlichen abgeschlossen bezeichnen darf“. Ich weiß nicht, wie lange Herr Schrader noch gelebt hat, aber ich könnte mir vorstellen, daß ihm dieser Satz später ein wenig peinlich gewesen sein mag. Zugegeben: Von Through-The-Lens-Blitzmessung, Multi-Slave-Steuerung, Motorzoom, Touchdisplay und USB-Schnittstelle konnte er noch nichts wissen. Aber es zeichnete sich bei Erscheinen seines Buches bereits der wichtigste Fortschritt ab, den das Elektronenblitzgerät je genossen hat: In der zweiten Hälfte der 1950er Jahre standen nämlich der Industrie für die Serienfertigung erstmals Transistoren zur Verfügung, die Kollektorströme im Amperebereich schalten konnten. Damit war endlich der störanfällige und voluminöse Zerhacker ersetzbar. Mit empfindlichen Kleinsignal-Transistoren waren zudem präzise Abschaltautomatiken für konstante Blitzleistung in den Bereich des Machbaren gelangt.


In der DDR begann diese Entwicklung Ende der 50er Jahre beim zwischenzeitlich zum Monopolisten für ElektronenBlitzgeräte aufgestiegenen VEB Elgawa Plauen (über Zwischenschritte hervorgegangen aus Blohm). Auf der Leipziger Herbstmesse 1959 wurde das „Klein“-Blitzgerät „sony“ vorgestellt, das mit zwei Transistoren und einer Stromversorgung über Monozellen ausgestattet war [Vgl. Fotografie 11/1959, S. 404]. In Serienproduktion ging es allerdings erst nach der Frühjahresmesse 1961 unter dem bekannten Namen „Elgatron“ [Vgl. Fotografie 3/1961, S. 184.]. Der Grund liegt auf der Hand: Der VEB Halbleiterwerk Frankfurt/Oder hatte seit 1958 einen neuen Produktionsstandort in Markendorf aufgebaut, wodurch nach 1960 zunehmend zur Großserienfertigung von eigenen Flächentransistoren und Halbleiterdioden übergegangen werden konnte. Nur der Leistungstransistor OC26 mußte importiert werden, zunächst noch vom "Klassenfeind" (Valvo), anschließend aber von den ungarischen Tungsram Werken, die diesen Transistor nun in Lizenz herstellten.

Elgapress

An der Entwicklung dieser Leistungstransistoren hing auch unmittelbar die Weiterentwicklung der Elektronenblitzer. Im Jahre 1964 war von Valvo ein Leistungstransistor OC35 entwickelt worden, der erstmals Kollektorströme von 6 Ampere bei einer Spannungsfestigkeit von 60 Volt zuließ. Damit war es möglich, nun auch leistungsfähige Gegentaktflußwandler mit Transistoransteuerung aufzubauen und somit die mechanischen Zerhacker auch im professionellen Blitzgerät zu ersetzen. Elgawa folgte diesem Trend mit dem Reporterblitzgerät Elgapress. Das Gerät war so konzipiert, daß der Generator, das Ladegerät, der Akku und die Blitzleuchte in getrennten Komponenten untergebracht waren. Vorbild waren westliche Geräte wie der Braun F800 professional.

Elgabress Relaisvariante

Anfänglich waren im Elgapress nur zwei Exemplare des o.g. Leistungstransistors verbaut. Für die Ladeabschaltung wurde in der ersten Version noch die Schwellwertcharakteristik eines Kleinrelais ausgenutzt. Nachdem in der DDR Silizium-Zenerdioden und vergleichsweise reststromarme Germaniumtransistoren vom Typ GC121 gefertigt wurden, konnte die Ladeautomatik auf eine Transistorschaltung umgestellt werden. Das geschah noch vor 1970 (weil ab Juli 1969 nachweislich der Typ der Zenerdiode gewechselt wurde), womit das Elgapress ein für die damalige Zeit sehr modernes Blitzgerät auf internationalem Stand darstellte.

Solche winzigen Relais (Bauteil A) wurden in der ersten Version des Elgapress und im Minitron  als Schwellwertschalter für die Ladeunterbrechung eingesetzt.

Danach kam die Weiterentwicklung allerdings weitgehend zum erliegen. Nur der Selengleichrichter für die Blitzspannung (Gr4) wurde noch durch eine Siliziumdiode ersetzt. Als Leistungstransistoren kamen nun die von Tungsram eigenständig weiterentwickelten Typen ASZ1016…1018 zum Einsatz, aber auch der japanische 2SB228 von Hitachi wurde importiert. Das sagt einiges aus über die Lage der Bauelementeversorgung der innerhalb des RGW. Eigentlich sollten sich Firmen wie Tungsram, Cemi, Tesla etc. auf bestimmte Bauelementegruppen spezialisieren und die anderen RGW-Länder mit den nötigen Mengen beliefern. Das funktionierte aber nie in ausreichendem Maße, weshalb die DDR-Halbleiterindustrie in den 80er Jahren dazu überging, viele Bauelemente (wie zum Beispiel simple pnp-Siliziumtransistoren) selbst zu entwickeln und die eigene Geräteindustrie sozusagen autark von Importen zu machen.   

Elgapress 350 Volt

So wurde in den späten 70er Jahren der Transistor T5, der im Elgapress die Eingangsstufe für die Abschaltautomatik bildet, gegen einen datenmäßig wesentlich günstigeren Siliziumtransistor ersetzt. Da die DDR zu jener Zeit keine Silizium pnp-Transitoren herstellte, mußte auf den tschechischen KF517 zurückgegriffen werden, der aber immer „ein wenig knapp“ war. Seit 1983 produzierte die DDR endlich eigene pnp-Kleinleistungstransistoren der Typenreihe SC307…309, die quasi die komplementären Versionen der seit langem gefertigten npn-Typen SC237…239 darstellten. Nachdem Mitte der 1980er Jahre die Fertigung von Germaniumtransistoren endgültig eingestellt wurde bzw. Restbestände aufgebraucht waren, wurde das Elgapress im März 1987 auch bei Servicereparaturen auf den Siliziumtransistor SC308 umgestellt. Durch das wesentlich bessere Reststromverhalten der Siliziumtypen gegenüber dem alten GC121 konnten die Basisvorwiderstände R4 und R5 ersatzlos entfallen, bzw. mußten bei Reparaturgeräten ausgelötet werden.

Schreiben Transistoren
Schreiben Blitzelkos

Schon im Jahr zuvor waren keine Blitzkondensatoren 250µF/500V mehr lieferbar, weshalb im Reparaturfall alle Elgapress auf 350 Volt umgerüstet werden mußten. Das war nämlich die letzte große Änderung am Elgapress, die einige Zeit vorher schon in der Serienfertigung vorgenommen worden war. Die 500-Volt-Blitzelkos waren schon immer ein heikles Bauteil gewesen, das oft zu Ausfällen führte. Elektrolytkondensatoren mit einer Spannungsfestigkeit von 500 Volt sind an der Grenze zu dem, was mit dieser Technologie noch machbar ist. Entsprechend ungünstig fallen das Reststromverhalten und die Zyklenfestigkeit dieser Kondensatoren aus. Aus diesem Grund, und weil die 500 Volt Betriebsspannung nur umständlich aus der Netzspannung zu gewinnen sind, hat sich seit den 70er Jahren langsam die 350- bzw. 360-Volt-Technologie zum Standard entwickelt. Als Erklärung dafür sei daran erinnert, daß die 220…240 Volt, die als Wert der Netzspannung angegeben werden, ja nur dem Effektivwert entspricht. Die tatsächliche Amplitude liegt bei 310…340 Volt, und bis zu diesem Wert wird auch der Kondensator aufgeladen, wenn man ihn über einen Gleichrichter an Netzwechselspannung legt. Diese Technologie wurde zuerst bei Amateurblitzgeräten für Netzanschluß wie dem einfach aufgebauten SL3 eingesetzt, das das ältere Minilux mit 500-Volt-Kondensator ersetzte. Der 350- und der 500-Volt-Kondensator hatten dabei dieselbe Baugröße und auch in etwa dieselbe Energiespeicherfähigkeit, da der 350 Volt Typ mit 660 µF mehr als die doppelte Kapazität hatte, als der 500-Volt-Typ mit seinen 250 µF. Es stellte sich aber heraus, daß der 350-Volt-Typ eine wesentlich kleinere Eigenentladung aufwies und insgesamt robuster und langlebiger war. Wird der 500-Volt-Typ nicht regelmäßig formiert, so degeneriert er rasch und neigt zum durchschlagen. Das mag den Ausschlag dafür gegeben haben, daß auch das Elgapress in den 80er Jahren auf die 350-Volt-Technologie umgestaltet wurde. Es kamen übrigens genau dieselben Kondensatoren zum Einsatz, wie bereits  im SL3. Waren vorher fünf Kondensatoren 500V/250µF verbaut (ca. 160 Wattsekunden nominell), so genügten jetzt vier 350 Volt Kondensatoren, um dieselbe Energiemenge zu erreichen. Die neue Version erkennt man äußerlich daran, daß der Mantel des Generatorgehäuses schwarz statt wie beim Vorgänger grau ist. Übrigens war das Elgapress beinah unverschämt teuer. Mit 831,- Mark Endverbraucherpreis kostete es in den späten 70er Jahren mehr als jegliche Spiegelreflexkamera-Gehäuse einschließlich der Pentacon Six (750,- Mark) und der Spitzenkamera Praktica VLC3 (760,- Mark)..

Elgapress Blitzelkos 350V/660µF

Das Elgapress mit 350 Volt ist trotz seiner veralteten Technologie mit Germaniumtransistoren im Transverter auch heute noch ein brauchbares und sehr leistungsfähiges Blitzgerät, das mit seiner (echten!) Leitzahl 64 bei 21 DIN jedes Aufsteckblitzgerät alt aussehen läßt. Um es heute noch einsetzen zu können, sind allerdings einige Umrüstungen notwendig. Zum einen sollte man die Synchronspannung auf Werte reduzieren, die auch Digitalkameras vertragen. Eine einfache Schaltung dazu habe ich im Abschnitt „Basteleien“ angegeben. Das eigentliche Problem beim Elgapress ist allerdings die Stromversorgung. Die gasdichten Nickel-Cadmium- Zellen waren natürlich ein großer Fortschritt gegenüber den vorigen Blei-Säure-Batterien. Allerdings wissen wir heute, daß solche Nickel-Cadmium-Zellen sehr präzise geladen werden müssen, wenn sie lange halten sollen. Sechs solcher NC-Zellen in Serie geschaltet zu laden, ist äußerst ungünstig. Geradezu fatal wirkt es sich aus, wenn man den Angaben der Bedienungsanleitung folgt und bei einem ausgelösten Blitz zu 165 Wattsekunden 8½ Minuten nachlädt. Der Begriff „Memory-Effekt“ war wohl zu jener Zeit noch unbekannt. Durch die simple Ladetechnik bedingt, hielten die Akkus zum Elgapress meist nicht allzu lange. Da half es auch nichts, wenn ab und an teure Akkus von Varta anstelle der jugoslawischen von Trepča verbaut wurden. Zwar gab es in der zweiten Hälfte der 80er Jahre noch ein elektronisch geregeltes Ladegerät, aber das wurde nur in homöopathischen Dosen gebaut und änderte nichts an dem grundlegenden Problem, daß die sechs Zellen nur in Reihe geschaltet geladen werden konnten, statt einzeln überwacht.

Elgapress originale NK-Akkus
12V/3,2Ah
Elgapress Automatiklader
12V/7Ah

Ich habe daher meine Elgapress-Akkus auf Bleigel-Technologie umgebaut. Diese Akkus sind aufgrund ihrer hohen Strombelastbarkeit ideal für Blitzgeräte, wenn man von ihrem hohen Gewicht absieht. Aber dafür lassen sich völlig problemlos laden. Durch die gegenüber Nickel-Cadmium-Zellen völlig andere Ladecharakteristik lassen sich Bleigelakkus tatsächlich auch nach kurzer Einsatzzeit nachladen, ohne daß sie Schaden nehmen. Auch die Selbstentladung ist gering. Der große Nachteil liegt allerdings darin, daß die Lebensdauer dieser Akkus auf einige Jahre begrenzt ist – ganz gleich ob man das Blitzgerät benutzt oder nicht.

Elgapress mit Bleigelakku

Wenn man nicht auf kürzeste Blitzfolgezeit Wert legt, dann genügt der bekannte Typ 6V/4,5Ah, den man für unter 10 Euro bekommen kann und der sich vor allem gut im originalen Gehäuse der Elgapress-Akkus unterbringen läßt. Wer die volle Leistungsfähigkeit seines Elgapress wirklich ausnutzen will, der braucht allerdings 12 Volt Bleiakkus. Das verlangt allerdings einiges an Bastelgeschick, weil man diese nicht mehr ohne weiteres im Originalgehäuse unterbringen kann. Der bekannte Typ 12V/3,2Ah ist etwas zu hoch. Am idealsten (wieder abgesehen vom hohen Gewicht) ist der Typ 12V/7Ah, der in der Breite und Tiefe genau zu den Außenmaßen des Elgapress paßt. Hier habe ich nur das Oberteil des originalen Akkugehäuses an dem Bleiakku befestigt. Dieser Akkutyp liefert derart hohe Ströme, daß die 165 Wattsekunden in weniger als sieben Sekunden nachgeladen sind. Ein Metz 60CT ist auch nicht viel schneller.

Elgapress Akku LiIon

Deutlich längere Lebensdauer und viel geringeres Gewicht als Bleisammler bieten dagegen Lithium-Ionen-Akkus. Eine hohe Strombelastbarkeit und eine große Kapazität erreicht man bei ihnen durch Parallelschalten mehrerer Zellen, was problemlos möglich ist, wenn man dieselben vorher auf den gleichen Ladezustand bringt. Auch lassen sich die Rundzellen sehr gut in den originalen Batteriebehältern unterbringen. In dem oben gezeigten Akkugehäuse befinden sich zwei Bänke zu je 8 Zellen der Baugröße 18500, die beide in Reihe geschaltet wurden, um auf die benötigten etwa 8 Volt Speisespannung des Elgapress zu kommen. Da jede Zelle 1500 mAh Kapazität aufweist erreicht man also insgesamt stolze 12 Ah. Trotz der 16 Zellen ist der Platzbedarf aber so gering, daß das Akkugehäuse in seiner Höhe etwa um ein Drittel gekürzt werden konnte, was das gesamte Blitzgerät kompakter werden ließ. Der Ladeanschluß der beiden Akkubänke wurde getrennt herausgeführt, um sie nicht in Serie laden zu müssen, was schneller und präziser ist. Lithium-Akkus verlangen außerdem nach hochwertigen Ladegeräten. Überladung und Kurzschlüsse können bei diesem Akkutyp sehr gefährlich werden. Es ist daher der Einbau einer elektronische Schutzschaltung erforderlich, die Tiefenentladung, Überströme, Überladung und thermische Überlastung erkennt und verhindert. Je nach Typ der Schutzschaltung wird zudem die Ladespannung genau auf die Zellbänke verteilt, sodaß diese ohne Probleme gemeinsam geladen werden können.

Elgawa Elgapress

Elgawa SBN64

Wenn man Bildbände und Photolehrbücher aus der DDR der 70er und 80er Jahre liest, dann fallen einem sofort zwei Dinge auf: Auch im professionellen Bereich dominierte nach wie vor die Schwarzweißphotographie und als Beleuchtung das Dauerlicht in Form von Nitraphot- und Halogenlampen (Vgl. z.B. Fischer, Klaus: Kunstlichtfotografie). Studioblitzgeräte werden zwar erwähnt und beschrieben, jedoch meist mit dem Hinweis, daß diese Geräte "international" üblich sind. In die heutige Sprache übersetzt heißt das: Sowas gabs nur im Westen.

Elgawa SBN64
SBN64 Rückseite

Der einzige industriell hergestellte Blitzgenerator der DDR, der sich in begrenztem Umfange für Studiozwecke eignete, war das SBN 64. Warum begrenzt? Das Gerät war konstruktionsbedingt bei 200 und 400 Wattsekunden nicht für eine solch schnelle Blitzfolge geeignet, wie sie im Studio verlangt wird. Außerdem waren vonseiten des Herstellers nur Blitzleuchten in der Bauform des Elgapress erhältlich. Diese konnten für die professionelle Photographie allenfalls in Verbindung mit größeren Reflexschirmen sinnvoll eingesetzt werden.


Problematisch war ferner, daß die beiden Leuchten elektrisch parallelgeschaltet sind. Dadurch kann die Energieaufteilung auf die beiden  Blitzröhren  - und damit auch die Lichtführung - willkürlich ausfallen. Andererseits sollten aber immer beide Leuchten angeschlossen werden, weil für die einzeln betriebene Blitzröhre XB 81-30 in ihrem geschlossenen Gehäuse sonst Überlastungsgefahr droht.  Im Grunde genommen war die Konzeption dieses Blitzgenerators mit seinen Schaltschützen  und der Spannungsverdopplerschaltung auf Basis zweier  Elekrolytkondensatoren 20μF/350V bereits in den 70er Jahren überholt. In Arbeitsgebieten wie der Modephotographie, wo mitunter sehr schnelle Bildfolgen verlangt werden,  war das "Spezialblitzgerät mit  Netzanschluß"  rasch überfordert. Aber leider gab es aus Plauen bis zum Ende der  DDR nichts,  was für solche Einsatzgebiete geeignet gewesen wäre. Zwar wurden  in der zweiten Hälfte der 80er Jahre noch aus privater Initiative heraus Studio-Kompaktblitzgeräte mit stufenloser Leistungseinstellung auf den Markt gebracht  ("Nieber SB250"), aber hier waren die Stückzahlen viel zu gering, als daß das an der grundlegenden Situation etwas geändert hätte. So mußten Photographen ohne Westgeld mit dem  SBN64  Vorlieb nehmen und bei Arbeiten außerhalb des Studios einen elf Kilogramm schweren Blitzgenerator schleppen.

Elgawa SBN64
Elgawa SBN6

Unter dem Gehäuse des SBN64 verbirgt sich ein noch richtig klassisch gebautes Gerät mit sauber verlegten Kabelbäumen, festem Metallchassis und großdimensionierten Bauteilen. Der dicke Transformator sorgt für vollständige galvanische Trennung des Generatorausgangs von der Netzspannung. Für die Wahl der vier Leistungsstufen werden einfach nur mehr oder weniger der sechs Blitzelkos 500µF/500V an den Ausgang geschaltet.

Elgawa SBN6
Elgawa SBN6

Zur Konstanthaltung der Kondensatorspannung dient eine ziemlich einfachgehaltene Schaltung aus drei Transistoren und einer Zenerdiode .

Marco Kröger


letzte Änderung: 24. Dezember 2022