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Phototechnik aus Jena, Dresden und Görlitz
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Leica-Sonnar
... und andere rätselhafte Objektiv-Hinterlassenschaften des Krieges
Fälschungen als Phänomen bei der Umstellung auf eine Friedenswirtschaft
Noch bis in die letzten Wochen des Krieges wurden in Nazis-Deutschland mit riesigem Aufwand Rüstungsgüter fabriziert, für die auch sehr aufwendige optische Bauteile benötigt wurden. Natürlich konnte auch damit die deutsche Niederlage nicht mehr abgewendet werden. Doch bei Kriegsende waren von diesen Geheimprojekten bei optischen Firmen wie Zeiss in Jena viele Reste übriggeblieben. Und was die Amerikaner nicht gleich mitgenommen haben, geriet auf den Schwarzen Markt. Die Not war groß in den Hungerwintern nach 45 und man versuchte, alles einzutauschen um sich und seine Familie ernähren und kleiden zu können. So eine Leica übrigens war damals eine kleine Lebensversicherung.
In diesen Jahren bis zur Währungsreform müssen gar seltsame Dinge vor sich gegangen sein. Das ist ja auch kein Wunder, wenn hochspezialisierte Facharbeiter arbeitslos sind. Die suchen sich dann eben ihren Unterhalt. Und so ähnlich, wie niemand recht sagen kann, wo genau eigentlich zu ebenjener Zeit die Mimosa-Kamera herkam, so verhält es sich auch mit diesem ominösen Leica-Sonnar. Dieses Objektiv gibt es in vielen, in Details voneinander abweichenden Ausführungen – mit unterschiedlichen Brennweitenangaben, mit verschiedenen Lackierungen und ab und an sogar vergütet. Eines haben diese Objektive aber allesamt gemein: Sie sind weder von Leitz ("Leica") noch von Zeiss ("Sonnar") fabriziert worden. Diese beiden Markenbezeichnungen wurden schlichtweg geklaut.
Diese Leica-Sonnare, die hin und wieder auftauchen, sind interessante Überreste aus der oben beschriebenen kurzen Phase der späten 1940er Jahre, als Deutschland unter Besatzung stand. Diese kurze Zeitspanne ist heute zum Teil schon vergessen, weil sie in beiden deutschen Staaten sehr rasch von einer Ära des Wiederaufbaus und der Neuentwicklungen abgelöst wurde, deren Glanz noch heute das geschichtliche Bild bestimmt. In Wirklichkeit war jedoch die Zeit vor allem kurz nach den Währungsreformen vom Sommer 1948 noch einmal von großer wirtschaftlicher Depression und hoher Arbeitslosigkeit geprägt. Um so wertvoller ist eine zeitgenössische Veröffentlichung der Abteilung Photo des Zeisswerkes aus dem Jahre 1949, die unter dem Titel "Ein trübes Kapitel: Nachahmungen und Fälschungen" ein Licht auf diesen Zeitabschnitt wirft:
"Während der Demontage im Winter 1946 auf 1947 sind, teils durch Werksangehörige, teils durch Außenstehende, die während dieser Zeit Zutritt zum Werk hatten, Objektive in fertigem und halbfertigem Zustand, teils auch nur in Einzelteilen, herausgeschafft und fremden Stellen in die Hand gespielt worden. Soweit es sich um fertige oder fast fertige, jedenfalls schon geprüfte Objektive handelte, ist eine Schädigung unseres Namens kaum eingetreten. Anders liegt der Fall bei den aus Einzelteilen von anderer Seite mit mehr oder weniger Geschick und Glück zusammengebauten Objektiven. Nur da, wo die Objektive errechnet und hergestellt werden, kennt man die genauen Daten und Maße, die beim Fassen unbedingt eingehalten werden müssen, soll jedes Objektiv die vorgeschriebene Leistung haben. Linsen aus verschiedenen Fabrikationsserien kann man nicht ohne weiteres zu einem vollwertigen Objektiv kombinieren. Darum kehren sie die Pfuscher aber nicht, wenn nur das Objektiv äußerlich wie 'Zeiss' aussieht und so graviert ist.
Wir haben sogar in einigen Fällen Gelegenheit gehabt festzustellen, daß einzelne Linsen fehlten.
Ein großer Teil der gefälschten Objektive ist dem sorgfältigen Beobachter äußerlich an der schlechten Gravierung der Entfernungs- und Meterteilung oder der üblichen Objektivbeschriftung zu erkennen. Auch die vielfach ganz willkürlich gewählten Fabrikations-Nummern berechtigen zu Zweifeln an der Echtheit, wenn sie bei Sonnaren unter der Zahl 2 000 000 liegen.
[...] Seit vorigem Jahr [also 1948, MK] sind an vielen Stellen Objektive mit der Gravierung Sonnar 1,5/5,8 cm (oder 6 cm) aufgetaucht, vereinzelt auch mit der Gravierung 5 cm. Hauptsächlich werden diese Objektive in Fassungen für die Leica angeboten. Die Gravierung lautet mitunter 'Leica-Sonnar' ohne jede Firmenbezeichnung, während manche auch mit Carl Zeiss, Jena graviert sind.
Es handelt sich bei diesen Linsen um während des Krieges von anderer Seite für Sturzvisiere nach einer Sonnarform hergestellte Objektive in einer ziemlich rohen Fassung ohne Irisblende und ohne jede weitere Beschriftung. Es ist anzunehmen, daß verschiedene Werkstätten, die leider noch nicht ermittelt werden konnten, diese Objektive umgefaßt und ergänzt haben. Die Käufer derartiger Objektive haben verschiedentlich bei uns wegen der schlechten Bildqualität reklamiert. Selbstverständlich lehnen wir jede Nachprüfung und Instandsetzung ab und versuchen, die Objektive aus dem Verkehr zu ziehen.
[...] Durch eine Anzeige in verschiedenen Fach- und Tageszeitungen haben wir vor dem Ankauf von unter der Hand angebotenen Objektiven gewarnt und gebeten, vorher unter Angabe der vollen Beschriftung und der Fabrikations-Nummer anzufragen, ob es sich um ein Original-Zeiss-Fabrikat handelt. Eine sichere Feststellung ist natürlich nur an Hand des betreffenden Objektivs möglich, da wir an Hand der Nummer nur feststellen können, ob darunter ein Objektiv der angegebenen Art von uns hergestellt worden ist. Die Fälscher können nämlich absichtlich oder zufällig eine Nummer aufgraviert haben, unter der tatsächlich ein gleiches Objektiv von uns hergestellt und ausgeliefert worden ist.
[...]"
Halten wir also fest: Die Optik selbst stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus einer der Zeiss-Fabrikationsstätten. Zweitens spielt die Zeitspanne der Demontagen eine zentrale Rolle. Einmal, weil während diese vonstatten ging ein völliger Kontrollverlust darüber eintrat, was das Werksgelände verließ und von wem es mitgenommen wurde. Zweitens aber folgte diesen Demontagen eine Phase, in der Zeiss Jena selbst als Lieferant von Photoobjektiven völlig ausfiel. Es klaffte also eine riesige Angebotslücke, die sich mit den Fälschungen ausgleichen ließ, gleichgültig wie schlecht sie auch gemacht sein mochten.
Wer hat während des Krieges eigentlich die Sonnare weiterentwickelt?
Sturzvisiere waren spezielle Zielgeräte für Kampfbomber. Wer über diese martialischen Tötungsmaschinerien Nähreres wissen möchte, der lese in einschlägigen Quellen unter den Stichworten "Stuvi" und "Stuka" nach. Da das ganze Gerät bei der Zeiss Ikon in Dresden gefertigt wurde, scheint als erste Schlußfolgerung nahe zu liegen, auch das zugehörige Objektiv werde wohl von dort her stammen. Ja, vielleicht ist es sogar noch von Ludwig Bertele, dem Erfinder der Sonnare, errechnet worden, der schließlich sein Büro in den ehemaligen Ernemannwerken behalten hatte. Und so wie die Mimosa allen Indizien nach durch arbeitslose Zeiss Ikon Mitarbeiter geschaffen worden sein mag, so könnten auch diese Leica-Sonnare auf ähnliche Weise entstanden sein, indem in Dresden die vorhandenen Linsen neu gefaßt und mit einer Irisblende versehen wurden.
Ein Blick in die Zeiss-Datenblattsammlung sowie in die Patentliteratur vermittelt allerdings einen ganz anderen Eindruck. Aus dieser Quellenüberlieferung muß man schlußfolgern, daß während des Zweiten Weltkrieges die Entwicklung des Sonnar-Typs tatsächlich auch in Jena erfolgt sein muß – und zwar allem Anschein nach schon lange bevor Ludwig Bertele den Zeiss Konzern Ende 1941 verlassen hat. Fest steht jedenfalls, daß Willy Merté im September 1942 das unten zu sehende Patent auf Sonnare genommen hat, bei denen in der zweiten Gruppe das charakteristische Kittglied aufgelöst und stattdessen eine dünne Luftlinse eingefügt bzw. bei gleichgroßen Radien die beiden Linsen nur aneinander geheftet ("angesprengt") wurden. Die Optik unseres Leica-Sonnars kann also durchaus auch in Jena entwickelt worden sein.
Die Zeiss-Datenblattsammlung, die über 30 Jahre von Willy Merté geführt wurde, gibt uns mit diesen beiden Karten Nr. 1430 von 1939 und 1440 von 1941 einen Einblick in die Sonnar-Entwicklung während des Krieges. Gut ist zu sehen, daß bereits beim Objektiv vom August 1939 die "Füll-Linse" im ersten Kittglied (wieder) durch einen kleinen Luftspalt ersetzt wurde.
Ein Sonnar 1,5/5 cm vom April 1942. Zu diesem Zeitpunkt war Ludwig Bertele definitiv nicht mehr für Zeiss tätig. Linse 2 und 3 sind nicht miteinander verkittet sondern bilden einen Luftspalt oder sind aneinandergeheftet.
Unten: Sonnare aus Dresden aus derselben Zeit wurden hingegen ausdrücklich mit "Zeiss Ikon" gekennzeichnet. Diese Objektive könnten von Robert Geißler gerechnet worden sein.
Doch damit ist noch nicht die Frage beantwortet, wie diese Linsensätze nach dem Kriege in eine Fassung für den Leica-Gewindeanschluß gelangt sind. Daß dies im Ikon-Werk geschehen ist, scheint wenig plausibel, da dort die Anlagen und Maschinen zu großen Teilen in Trümmern lagen und die Reste noch 1945 von der Sowjetischen Besatzungsmacht demontiert wurden. Gerade deshalb mußten ja die ersten Zeiss-Ikon-Nachkriegskameras in angemieteten Räumen bei Mimosa gebaut werden. Bei genauerer Betrachtung dieses ominösen Sonnars fallen dagegen etliche Ähnlichkeiten mit Objektiven auf, wie sie vor, während und nach dem Kriege von Meyer-Optik in Görlitz gefertigt wurden. Dazu gehören die Machart der Aluminiumfassung genau so, wie die Gravur mit ihrem charakteristischen Schriftbild. Aber das sind natürlich nur Vermutungen, die heute keiner mehr belegen oder entkräften kann. Dennoch deutet viel auf eine professionelle Fertigung der hier zu sehenden Objektivfassung hin, was auch daran abzulesen ist, daß wegen der längeren Brennweite nicht wie bei den originalen Leica-Normalobjektiven einfach der Objektivhub abgetastet werden konnte, um den Entfernungsmesser mit dem Objektiv zu kuppeln. Vielmehr mußte der Kurve für die Abtastrolle des Entfernungsmesser eine besondere Form gegeben werden.
Daß dieses dubiose Leica-Sonnar keine für photographische Zwecke ausreichende Bildqualität erreicht, muß übrigens nicht verwundern. Schließlich lag seine Aufgabe ursprünglich im rein visuellen Bereich, indem es zwei Visiermarken – eine gekoppelt an die Flugzeuglängsachse, die andere an die Bordwaffe – im Unendlichen abbildete, mit deren Hilfe dann gezielt werden konnte.
Objektivbau in den Fängen der Rüstungsfertigung
Dabei ist das "Leica-Sonnar" als Teil eines Zielgerätes nur eines unter vielen "Überbleibseln" an aufwendigen Objektiven aus der Kriegszeit. Insbesondere nach dem Überfall auf die Sowjetunion und der Erkenntnis, daß die "Eroberung des Ostens" nicht in Form eines Blitzkrieges vonstatten gehen wird, wurden von der Abteilung Photo bei Carl Zeiss Jena noch viel komplexere Abbildungsoptiken verlangt. Einen ganz speziellen Entwicklungspfad machten dabei extrem lichtstarke Objektive aus, die im Zusammenhang mit Kathodenstrahlröhren als Nachtsichtgeräte im unsichtbaren Infrarotbereich genutzt wurden. Eines dieser "Ultrarot-Objektive" für das Suchgerät "Mosel" wies bei einer Brennweite von 400 Millimetern eine Lichtstärke von 1:1,5 auf! Das schier gigantische Objektiv war Teil eines an der Küste stationierten Nachtsichtgerätes, bei dem mit einem anderthalb Meter großen, 16 Kilowatt starken Infrarotscheinwerfer in bis zu sieben Kilometern Entfernung das Meer abgesucht werden konnte. Um solche Ziele zu erreichen, waren bedeutende wissenschaftliche Leistungen im Bereich der optischen Konstruktion notwendig. Solcherlei "Errungenschaften" bildeten aber auch den Grund, weshalb dieser verbrecherische Krieg bis fünf Minuten nach Zwölf weitergeführt werden konnte.
"Adler, Uhu, Seehund". Was klingt wie aus Brehms Tierleben war in Wirklichkeit ein hinter Tarnbezeichnungen versteckter Geräteapparat zur photographischen und/oder visuellen Luftaufklärung aber vor allem für den Einsatz als Ortungs- und Waffenleitgeräte auf Schiffen, Panzern und in Jagdbombern. Hier wurde im für das Auge unsichtbaren Ultrarot-Bereich (heute Infrarot genannt) gearbeitet, was diese höchsten Objektivlichtstärken sowie eine spezielle Korrektur in diesem Spektralgebiet verlangte. Das oben genannte "FG1252" wurde beispielsweise auf Panzern montiert, um im Schutze der Dunkelheit operieren zu können. Es war ein als "Fahrgerät" bezeichnetes, aktives Nachtsichtgerät, bei dem das Gelände mit einem Infrarotscheinwerfer ausgeleuchtet und mit einem dieser hochlichtstarken Objektive auf einem Bildwandler abgebildet wurde. Die Seehund-Geräte wurden dagegen bei der Marine eingesetzt; und zwar hier zur Nachrichtenübermittlung. Es gab außerdem auch rein passiv arbeitende Ortungsgeräte ("Wärmepeilgeräte" genannt), für die derartige hochlichtstarke Optiken benötigt wurden.
Die Ausdrücke "UR" und "IR" wurden wahlweise verwendet, ohne daß sich ein Schema erkennen läßt. So waren, wie gleich gezeigt werden wird, die Objektive 1,0/5 cm; 7,5 cm und 9 cm (das hier in den Listen gar nicht enthalten ist, aber existiert) von derselben Bauart.
Links ein IR-Objektiv 1:1 f = 5 cm für den Seehund III, rechts eines mit 9 cm Brennweite für das besagte Fahrgerät FG1252. Bilder: Stefan Baumgartner.
Oben ist der optische Aufbau des IR-Objektivs 1,0/5 cm gezeigt, wie es mit dem Abschlußdatum 23. Oktober 1942 tatsächlich in die Fertigung gelangte. Doch auch die längerbrennweitigen Versionen 7,5 und 9 cm und sogar 1,0/25 cm von 1943 waren ähnlich aufgebaut. Sichtlich lag der Ausgangspunkt im Biotar-Typ. Es kann daher kein Zweifel bestehen, daß Willy Merté der Urheber war. Der Bildwinkel war zwar nicht einmal 30 Grad, doch es beeindruckt die extrem schlanke Kurve der sphärischen Aberration, die bei solch einer hohen Öffnung Grundvoraussetzung für eine einigermaßen kontrastreiche Abbildung war. Diese Leistung wurde erst erzielt, nachdem die Linse Nummer 6 in das System eingefügt wurde, die in anderen Versionen nicht vorhanden ist. All diese IR-Objektive waren im Prinzip nicht chromatisch korrigiert, sondern auf monochromatisches Licht der Wellenlänge 1014 nm ausgelegt. Das Ausschalten des sichtbaren Spektralbereichs wurde dadurch erreicht, daß die Linse Nummer 4 nicht aus optischem Glas, sondern aus dem Schott-Filterglas RG2, RG5 oder RG8 bestand. Damit war also der Infrarotfilter gleich innerhalb der Optik integriert. Den Rest erledigte der Infrarotscheinwerfer. Zu beachten ist auch die Auslegung der Optik auf die konvex gewölbte Oberfläche der Aufnahmeröhre. Sollte das Objektiv auf Infrarotfilm verwendet werden, war eine Smith'sche Linse zur Bildfeldebnung nötig.
Oben ein Exemplar eines derartigen UR-Objektives 1:1/5 cm, das bei den "kombinierten Richtblinkern" vom Typ Seehund zur Nachrichtenübermittlung eingesetzt wurde [Bild: Baumgartner]. All diese Entwicklungen waren damals so geheim, daß man auch heute nur teilweise darüber Bescheid weiß. Sogar die Fertigungsstätten wurden chiffriert: So steht "blc" beispielsweise für die Jenaer Militärabteilung. Ein weiterer Tarnname für Zeiss war "rln", der offenbar für das sogenannte Jenaer Südwerk verwendet wurde.
Bei dem obigen Exemplar sind die beiden vorderen Gruppen herausgenommen, sodaß man direkt auf die Linse Nummer 4 schaut. Dieser zerstreuende Meniskus ist aus dem Filterglas RG2 gefertigt, das eine tiefrote Färbung hat und Lichtwellen unterhalb 650 nm mit steiler Kurve ausschaltet.
Oben ist noch einmal gut zu sehen, wie der Ausgangspunkt für diese IR-Objektive in Mertés Biotar gelegen hat. Diesen Aufbau hat er sich im Juli 1941 auch patentieren lassen, wodurch nun seine Urheberschaft eindeutig belegbar ist. Die Besonderheit speziell dieser Ausführung liegt darin, daß sie für sichtbares Licht korrigiert ist (Kurven für d- und G'-Spektral-Linie), weshalb diese Bauform für die allgemeine Photographie geeignet gewesen wäre.
Oben ist das diesen sehr lichtstarken Objektiven als Ausgangspunkt zugrundeliegende Patent Mertés gezeigt, das im Juli 1941 angemeldet, aber erst 13 Jahre später im Juli 1954 veröffentlicht wurde. In Linse Nummer 8 fällt die Verwendung des neuen Barit-Schwerflint BaSF 7 auf.
Um eine Vorstellung zu bekommen: ein solches UR-Beobachtungsgerät - heute würde man wohl von einem Nachtsichtgerät sprechen. Gut zu sehen die Wölbung der Röhrenoberfläche (47). Das obige Exemplar ist allerdings mit einem vom Petzval-Typ abgeleiteten Objektiv ausgestattet, wie es anfänglich von Zeiss geliefert worden ist, aber auch von Meyer-Görlitz, wie aus Willy Mertés Datenblattsammlung hervorgeht. Das Gerät unten ist dagegen mit einem von Leitz hergestellten, achtlinsigen UR-Objektiv bestückt, das ebenso in Mertés Datenblättern enthalten ist.
Auch dieses Leitz U.R.-Objekiv ist in der Zeiss Datenblattsammlung enthalten. Vier der acht Linsen bestehen aus Schwerkron SK16; die inneren Zerstreuungslinsen aus Schwerflint SF10.
Oben ist eine solche komplette Richtblinkanlage vom Typ "Seehund II mit P 4/10 / A 18 LT 41" zu sehen. Rechts der Sender in Form eines IR-Scheinwerfers, in der Mitte ein Prismenfeldstecher zum Peilen, links das eigentliche Empfangsgerät. "LT" steht für Lichttelegraphie, "41" für das Konstruktionsjahr und das "A" ist eine Chiffre für die AEG. Bei Betrachtung dieser Anlage wird nun auch klar, weshalb man überhaupt solch ein hochkorrigiertes Objektiv benötigt hat. Die Brennweite ist ja ziemlich kurz und der Sichtwinkel entsprechend groß. Auf diese Weise war nur eine einigermaßen grobe Peilung notwendig und leichte Bewegungen zwischen beiden Sendeanlagen (zum Beispiel auf Schiffen) hatten keinen Einfluß auf die Sichtbarkeit des Lichtsignals. Natürlich bedeutete dieser große Blickwinkel, daß auf der Röhre wirklich nur ein ganz kleiner Lichtpunkt abgebildet wurde, weshalb ein möglichst hohes Auflösungsvermögen des Objektives benötigt wurde. Der deutlich kompakter gebaute "Seehund III", der aus der Hand heraus verwendet werden konnte, wurde jedoch tatsächlich als Nachtsichtgerät zur visuellen Beobachtung der Umgebung verwendet, was die nochmals erhöhten Anforderungen an das Abbildungssystem erklären würde.
Marco Kröger M.A.
letzte Änderung: 17. Oktober 2024