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Phototechnik aus Jena, Dresden und Görlitz
AK16 und Pentaflex 16
Eine Sache an dieser 16-mm-Reflexkamera stimmte von Anfang an nicht, und das war ihr Name: Die AK16 war nie als Amateurkamera gedacht gewesen.
1. Tradition und Tiefpunkt einer Kinogeräteindustrie
So wie die Stadt Dresden im Frühjahr 1945 in Trümmern lag, galt dies auch für einer ihrer schillerndsten Weltfirmen: Die in den Jahren 1926/27 auf Bestreben des Zeiss-Konzerns gegründete Zeiss Ikon AG hatte unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg einen großen Teil ihrer materiellen wie personellen Fundamente verloren. Insbesondere die Heinrich Ernemann Aktiengesellschaft, die durch ihren Weltruf im Bereich der Kinotheatermaschinen den wohl bedeutendsten Pfeiler für Zeiss Ikon gebildet hatte, lag mit ihrem stattlichen Gebäudekomplex in Striesen nun geradezu symbolhaft und für jeden sichtbar in Schutt und Asche [Höhne/Pohl, Deutsche Fotothek, Datensatz 70600289.].
Nur wenige Häuserblocks entfernt waren in den 20er Jahren bei der konkurrierenden ICA AG die richtungsweisenden Kinamo-Kameras entwickelt worden, mit denen die Dresdner Photoindustrie ihren Anteil am Beginn des Amateurfilmwesens geleistet hatte. Dieser Ansatz konnte erfolgreich durch die fusionierte Zeiss Ikon AG ausgebaut werden, unterstützt vor allem durch die neuen Schmalfilmformate mit 16 und 8 Millimetern Breite, welche die Kosten des Materialverbrauchs in einer Weise zu senken halfen, daß das Filmen tatsächlich für die Kreise der Filmamateure erschwinglich wurde.
Doch im Vergleich zur Stehbildphotographie blieb das Laufbild eine Nische im Photomarkt. So verwundert es auch nicht, daß quasi unmittelbar nach dem Kriegsende bei der Zeiss Ikon AG Dresden das Augenmerk zunächst auf die Entwicklung einer Kleinbildspiegelreflexkamera gelegt wurde. Was die kinematographischen Geräte anbetraf, so konzentrierte man sich hauptsächlich auf das Wiederanlaufen der Fertigung von Kinotheatermaschinen. Einmal, um im eigenen Land die zu großen Teilen zerstörten Lichtspielhäuser wieder betriebsfähig zu machen und zum anderen deshalb, weil durch den hohen weltweiten Verbreitungsgrad der Ernemann-Maschinen rasche Deviseneinkünfte in Aussicht standen. In kurzer Zeit wurde auf diesem Gebiet der Kinoprojektoren eine unvorstellbare Wiederaufbauleistung erbracht [Höhne/Pohl, Deutsche Fotothek, Datensatz 70602586.].
2. Die Schlüsselperson Rudolf Kuhnert
Die Neuentwicklung von Kinogeräten erfolgte dagegen nur schleppend. Das ist auch nicht verwunderlich, da zur Zerstörung der betrieblichen Infrastruktur in Dresden auch die zunehmende Spaltung der Firma in einen östlichen und einen westlichen Teil gekommen war. Darüber hinaus waren die zentralen Konstrukteure der Kino-Abteilung der Zeiss Ikon AG entweder durch Tod oder durch Abwanderung für Dresden nicht mehr verfügbar: So unter anderem Werner Pistor (nach dem Krieg in Eutin/Holstein), Rolf Görisch (DEFA Kopierwerke), Heinrich Bartels (Wilhelmshaven), Hermann Joachim (Loewe Opta), Rudolf Taesler (Zeiss Ikon Stuttgart) und insbesondere Kurt Hoffmann (vermutlich gegen Kriegsende verstorben). Einzig ein gewisser Rudolf Kuhnert (1907 bis 1964) war aus dieser Riege der Laufbild-Konstrukteure in Dresden verblieben. Doch an Kinogeräte war trotzdem vorerst nicht zu denken. Zusammen mit dem ebenfalls aus der Kinotechnik stammenden Wilhelm Winzenburg, der die Leitung der Zeiss-Ikon-Entwicklungsabteilung übernommen hatte, sowie dem späteren Konstruktionsleiter Walter Hennig, arbeitete Rudolf Kuhnert seit Sommer 1945 intensiv an einer Photokamera, aus der später die Spiegel-Contax werden sollte. Erst ab Frühjahr 1952, nachdem die Contax D herausgebracht worden war, sind wieder in größerem Umfange kinotechnische Patente Kuhnerts nachweisbar. Und neben Arbeiten an der neuen Theatermaschine D1 mischen sich ab Sommer 1952 erstmals auch Patente zur Entwicklung einer neuen, zeitgemäßen Schmalfilmkamera darunter.
Dabei muß der tatsächliche Beginn der Arbeiten an dieser neuen Schmalfilmkamera aber deutlich weiter zurückreichen. Denn bereits auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1951 (!) ist offenbar ein erster Prototyp der späteren AK16 gezeigt worden [Vgl. Zeiss Ikon (Hrsg.): AK16 - 16 mm Aufnahmekamera für Atelier, Amateure und Reporter, Prospekt, 3/1951.], der zwar noch in vielen Details von der späteren Serienkamera abweicht, andererseits jedoch schon deren vollständiges Grundprinzip in sich birgt. Daraus wiederum muß man schließen, daß die Aufnahme der Entwicklungsarbeiten Kuhnerts mindestens auf das Jahr 1950 zurückgeht. Anhand der obigen Abbildung dieser Musterkamera wird erkennbar, wie hoch gesteckt die Zielvorgaben Rudolf Kuhnerts dabei von Anfang an waren Allem voran fällt natürlich der Antrieb mittels eines außen angesetzten, stabförmigen Elektromotors auf, der das bisher dominierende Federwerk nun auch im Schmalfilmbereich ersetzen sollte. Zweitens der Objektivrevolver mit vier unterschiedlichen Brennweiten. Drittens die in auswechselbaren Außenkassetten untergebrachten Aufnahmematerialien. Alle drei Merkmale hatte man offenbar als Voraussetzung dafür ausgemacht, damit sich zukünftig der 16-mm-Film im Sektor der Filmberichterstattung durchsetzen und das teure 35-mm-Material ersetzen könne. Immerhin war zum Zeitpunkt der Entwicklungsarbeiten zur AK16 klar, daß es in der DDR zukünftig einen dauerhaften Fernseh-Betrieb geben würde, wofür das 16-mm-Format als geradezu ideal geeignet erschien. Für einen universellen Einsatz auch im wissenschaftlich-technischen Sektor erachtete man außerdem einen Spiegelreflexsucher für unabdingbar.
Anhand einer weiteren Abbildung dieses Prototypen sind aber auch Merkmale erkennbar, die an der späteren Serienkamera nicht verwirklicht werden konnten: So sind neben dem Einstellknopf für eine verstellbare Sektorenblende (oben) noch zwei weitere vorgesehen: An diesem, auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1951 gezeigten Prototypen wurde die Bildfrequenz erstaunlicherweise an der Kamera eingestellt (Knopf unten), weshalb davon auszugehen ist, daß sich bei ihm der Regler noch nicht im Motorgehäuse befand, sondern ebenfalls im Kamerakörper. Und am sogenannten Zentralknopf konnten sowohl die Irisblenden-, als auch die Entfernungseinstellung vorgenommen werden. Diese an sich herausragende Konstruktionsidee muß sich jedoch als mechanisch schwer umsetzbar herausgestellt haben, weshalb dieser Aufwand an den Serienkameras unterblieb.
Mittlerweile habe ich sogar einen Filmbericht von der Leipziger Frühjahrsmesse 1951 gefunden, in dem dieser AK16-Prototyp kurz zu sehen ist [aus: DEFA-Augenzeuge Nr. 11/1951].
Bei jenen Serienkameras wurde der Objektivrevolver dann letztlich nur für drei Objektive ausgelegt und zumindest bei den drei sogenannten Standard-Objektiven wurden auch nur noch die Irisblenden miteinander gekuppelt. Die Entfernungseinstellung mußte dagegen einzeln an jedem Objektiv für sich erfolgen. Um diese Kupplung der Blenden untereinander zu gewährleisten, wurden die Objektive nicht mit einem Schraubanschluß, sondern einem verblüffend einfach gelösten Klemmbajonett an der Kamera befestigt, dessen Grundprinzip in ähnlicher Form auch bereits von anderen Kameraherstellern angewendet worden war.
Rückansicht des Objektivrevolvers der AK16. Zu sehen sind die Zahnkränze mit denen die Blendenringe der drei sogenannten Standardobjektive miteinander gekuppelt werden. Andere Wechselobjektive sind dagegen nicht gekuppelt. Ebenfalls sichtbar die beiden Riegel pro Objektiv, die dasselbe gegen die Anlage des Revolvers ziehen und auf diese Weise für eine einfache und dennoch verschleißfreie Objektivbefestigung sorgen.
Die zentrale Konstruktionsidee bei der AK16 war natürlich ihr Reflexsucher mit rotierender Spiegelblende. Oben sieht man, wie dessen Aufbau dadurch verkompliziert wurde, daß hinter dem Bildfenster die Wechselkassette in den Kamerakörper eintaucht. Daher konnte der Lichtpfad des Suchers nicht geradlinig verlaufen, sondern mußte unterhalb der Kassette abgeknickt werden, was einen großen Aufwand an Prismen und Linsen erforderte. Gut zu sehen ist auch, wie das Sucherokular nur in der Reflexstellung der Sektorenblende freigegeben ist. Während der Belichtungsphase ist der Sucherstrahlengang dagegen durch eine zweite Sektorenblende unterbrochen, damit das Material nicht durch Lichteinfall über das Okular verschleiert wird.
Im Schnittbild oben erkennt man, daß aus mechanischen Gründen der Rotationsspiegel auch nicht genau im 45-Grad-Winkel zur optischen Achse angeordnet ist. Das kurzbrennweitige Flektogon 2,8/12,5 mm ist als Retrofokus-Konstruktion ausgelegt; und zwar nicht, weil ein besonders großer Bildwinkel erreicht werden sollte, sondern aufgrund des Spiegels eine ausreichend lange bildseitige Schnittweite gewährt werden mußte. Dieses bereits im September 1949 konstruierte, siebenlinsige Flektogon stellt zusammen mit der damals noch identisch aufgebauten Kleinbild-Variante einen der weltweiten Pioniere des Retrofokus-Typs dar!
Neben dem Flektogon gehören die beiden Biotare 1,4/25 mm und 1,4/50 mm zum besten, was Anfang der 50er Jahre an lichtstarken Aufnahmeobjektiven weltweit zur Verfügung stand. Interessant ist, daß für die ersten 1800 Biotare 1,4/25 die originale Rechnung Willy Mertés aus dem Jahre 1928 verwendet wurde. Dann wurde es durch eine Neurechnung von 1955 ersetzt. Das Biotar 1,4/50 war zwar erst im Jahre 1950 gerechnet worden, doch auch dieses wurde 1955 nach etwa 1900 Exemplaren durch eine erneute Rechnung ersetzt. Von beiden Biotaren wurden insgesamt je etwa 8500 Stück für die AK16 bzw. Pentaflex 16 geschaffen, womit auch die Gesamtzahl der hergestellten Kameras ziemlich genau angegeben werden kann. Vom Flektogon 2,8/12,5 mm waren es zwar etwas mehr, aber dieses Objektiv wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit auch mit anderen Anschlüssen geliefert. Die Frage freilich, ob für eine professionelle Filmkamera eine Stückzahl von 8500 innerhalb von etwa zwölf Jahren viel ist oder wenig, die muß nun jeder für sich selbst entscheiden.
Als serienfähige Kamera wurde die AK16 dann zur Leipziger Herbstmesse 1952 erstmals präsentiert - anderthalb Jahre nach dem oben besprochenen Prototypen. Bild: Roger Rössing, Deutsche Fotothek, Datensatz 88890778.
3. Dokumentation der AK16-Entwicklung anhand der auf sie angemeldeten Schutzrechte
3.1 Die Filmkassette und ihre Verknüpfung mit der Kamera
Das Schlüsselpatent zur AK16, das Kuhnert am 18. Juli 1952 in der DDR [Nr. DD6413] und erst am 14. April 1953 in der Bundesrepublik [Nr. DE948.759] angemeldet hat, beschäftigt sich mit der Verknüpfung zwischen Kamera und Filmkassette. Das Grundproblem bei der hier gewählten Bauart lieg darin, daß nämlich eine Beschädigung des Filmes und insbesondere der Perforation vermieden werden muß, wenn diese Kassette nach oben aus der Kamera herausgezogen bzw. wieder eingführt wird. Daher war es nötig, einmal beim Entriegeln der Kassette den Filmtransportmechanismus der Kamera in einer registergenauen Stellung zu halten. Zweitens mußte auch die Lage der Filmperforation innerhalb der Kassette genau auf Greiferposition festgesetzt werden, da diese Kassette schließlich die Vor- und Nachwickeltrommeln enthielt und jene beim Einsetzen der Kassette in der Kamera durch Herstellung des Eingriffes der Zahnritzel zueinander bewegt werden würden. Die jeweiligen Stellungen von Kassette und Greifer relativ zur Bewegung der Kassettenverriegelung sind unten gezeigt.
Das Filmmaterial in von außen aufsteckbaren Schnellwechsel-Kassetten unterzubringen, das war natürlich ein technisches Merkmal, das Anfang der 50er Jahre für eine Schmalfilmkamera durchaus etwas Ungewöhnliches darstellte. So etwas war bislang quasi nur beim professionellen 35-mm-Film üblich gewesen. Erst die etwa zeitgleich in München bei Arnold & Richter entwickelte Arriflex 16 arbeitete mit vergleichbaren Außenkassetten (hier Magazine genannt). Die Vorteile waren vielfältig: Nicht nur daß zwischen verschiedenen Aufnahmematerialien hin und her gewechselt werden konnte, sondern die Kamera wurde auch nicht durch den manchmal etwas zeitraubenden Filmwechsel blockiert. Für den Amateur war zudem nicht von der Hand zu weisen, daß das Einlegen des Filmes in die Kassette bei ausreichender Übung bei wenig Licht oder gar im Dunkeln erfolgen konnte, wodurch aufgrund der geringeren Verluste durch Vorbelichtung von dem teuren Aufnahmematerial nur so wenig wie möglich verschwendet wurde.
Mit dem Ausbau des AK16- bzw. Pentaflex16-Systems kamen später neben der 30-Meter-Kassette für sogenannte Tageslichtspulen noch solche für 60 und 120 Meter hinzu, die nur in der Dunkelkammer beschickt werden konnten. Außerdem hatte der Zeiss-Ikon-Konstrukteur Heinz Hofmann im Jahre 1955 eine sogenannte Rückwickelkassette geschaffen, die den Film auch in umgekehrter Laufrichtung aufspulen konnte, wodurch beliebig lange Überblendungen oder sogar bewußtes Rückwärtsfilmen möglich wurden. Er hatte dafür zum 27. Dezember 1955 ein Gebrauchsmuster in der Bundesrepublik [Nr. DE1.720.075] sowie zum 11. September 1956 ein Patent in der Schweiz [Nr. CH344.012] erhalten. Durch die Anwendung des sogenannten Schwinghebelprinzips (5) bedurfte es dabei keinerlei Abänderung an den bisher zur Auslieferung gelangten Kameras.
Später hatten Rudolf Grötzschel und Heinz Hofmann eine Spezialkassette mit einem sogenannten Zeitmarkengeber für die AK16 entwickelt. Über eine Glimmlampe konnten netzsynchrone Lichtpulse auf dem Film aufgezeichnet werden. Die Auslegung der AK16 machte es möglich, die dazu erforderliche Einrichtung statt in der Kamera einfach in einer auswechselbaren Spezialkassette unterzubringen. Geschützt wurde diese Erfindung in einem Bundesdeutschen Gebrauchsmuster Nr. DE1.740.283 vom 20. Juni 1956 bzw. in einem Schweizerischen Patent Nr. 349.488 vom 4. Dezember 1956. Wurden keine Zeitmarken benötigt, dann konnte der Film statt über den Zeitmarkengeber (6) in üblicher Weise (19) durch die Kassette geführt werden, wodurch diese auch uneingeschränkt für den normalen Gebrauch nutzbar war.
3.2 Spiegelumlaufblende und Mattscheibe
Ein weiteres wichtiges Patent zur AK16 hat Kuhnert erst ein Jahr später am 21. August 1953 in der DDR angemeldet [Nr. DD11.544] bzw. am 17. September 1953 in der Bundesrepublik [Nr. DE942.961]. Es betrifft die verspiegelte Sektorenblende der AK16. Bislang wurden Greifermechanismus, Spiegelblende, Filmbahn und Mattscheibe stets als einzelne Komponenten in den Kamerakörper eingebaut und mussten dann in diesem eingebauten Zustand unter schwierigen Bedingungen zueinander justiert werden. Kuhnert hatte diese Komponenten jedoch in einer Einheit zusammengefaßt, die in vorjustiertem Zustand in der Kamera montiert werden konnte. Oben ist eine Sicht von der Seite, unten aus Richtung der Filmgleitbahn zu sehen. Verkompliziert wurde dieser Mechanismus freilch dadurch, daß Kuhnert von vornherein eine sonst nur bei Berufsfilmkameras übliche, stufenlose Sektorenverstellung der Umlaufblende zwischen 0 und 180 Grad vorgesehen hatte.
Wenig bekannt ist zudem, daß die Halterung der unter dem Bildfenster sichbaren, mattierten Bildfeldlinse prinzipiell so konzipiert wurde, daß diese Bildfeldlinse auswechselbar ist, ohne daß dabei deren Justage zur Spiegelblende und zum Bildfenster eingebüßt wird (Schutzanspruch 5). Dazu dienen die beiden Federbolzen Nr. 27.
Als ein gewisser Nachteil des grundlegenden Konstruktionsprinzips der AK16, der für die Anwendung im professionellen Bereich kaum eine Rolle spielte, jedoch die Kamera für die Anwendung beim Amateur regelrecht ungeeignet machte, war das Phänomen des sogenannten Kriechlichts. Eine Filmkamera, deren Umlaufverschluß gleichzeitig als Reflexspiegel dient, läßt sich nie völlig lichtdicht ausführen, da rings um der schräg vor dem Bildfenster angeordneten Umlaufblende stets ausreichend Luft vorhanden sein muß, damit sich dieselbe frei drehen kann. Ganz besonders ist dies notwendig, wenn wie bei der AK16 hinter der Umlaufblende ein verstellbarer Sektorenverschluß angeordnet ist. Hier verbietet sich die Anwendung irgendwelcher Samtdichtungen, da sich ansonsten aufgrund der Reibung die Verschlußöffnung verstellen würde. Es ist bei der AK16 eine völlig normale Erscheinung, wenn zwischen den Filmpausen schleichend das im Bildfenster liegende Filmstück verschleiert wird. Im Berufsfilm, wo die Szenen ohnehin geschnitten werden, spielt dies keine Rolle. Für den Amateur jedoch wäre es völlig unzumutbar, wenn er in seinem Film bei jedem Szenenwechsel das hell aufblitzende Phasenbild herausschneiden müßte. Die Pentaflex 8 hatte daher von Anfang an einen zusätzlichen Deckverschluß.
Diese spezielle Eigenheit der AK16 stellte sich bereits kurze Zeit nach ihrer Markteinführung heraus. Mit Rudolf Grötzschel, Herbert Göpfert, Walter Liebusch und Gottfried Stejksal waren im Jahre 1955 gleich vier Zeiss-Ikon-Konstrukteure damit beschäftigt, diesem Ärgernis nachträglich abzuhelfen. Sie hatten dazu in ihrem Patent Nr. DD14.226 vom 4. Oktober 1955 eine zusätzliche Deckblende (Bauteil 11) ersonnen, die mit dem Greifer in einer Weise gekoppelt war, daß nur während dessen Arbeitshub das Bildfenster durch diese Deckblende verschlossen wurde. Das ist schließlich auch der Moment, in dem die Kamera nach dem Abschalten in Stillstand kommt. Es ist nicht mehr nachvollziehbar, was genau der Grund dafür war, weshalb diese zusätzliche Schiebeblende nie in die Serienfertigung übernommen wurde. Fakt ist, daß es auch bei der späteren Pentaflex 16 bei dieser Eigenheit des Kriechlichtes blieb. Während bei der normalen Filmarbeit deswegen immer nur ein oder zwei Phasenbilder verloren gingen, erschwerte dieses Phänomen die Anwendung der Kamera speziell bei Zeitrafferaufnahmen sehr, da hier selbst geringste Mengen des Umgebungslichtes jede der Einzelaufnahmen vollständig verderben konnte, wenn es während der Zwischenpausen nur genügend lange auf die Emulsion einwirken konnte. Es hat daher in der Fachliteratur der DDR mehrere Vorschläge zum Bau von speziellen Kriechlichtblenden für die AK16 gegeben.
3.3 Motorkupplung und Antriebe
Beim Blick auf die Getriebeseite der AK16 fällt die große Kupplungsstelle für die Antriebe auf. Dem Stand der damaligen Technik entsprechend waren leistungsfähige Elektromotoren ziemlich großvolumig – zumal wenn sie mit konstanter, von der Belastung unabhängiger Drehzahl arbeiten sollten. Denn dafür gab es Anfang der 50er Jahre nur rein mechanische Lösungen mittels Fliehkraft-Kontaktreglern. Das führte dazu, daß der Elektromotor zur Pentaflex aus heutiger Sicht ungewöhnlich lang ist. Dieser stabförmige Motor konnte nun wahlweise entweder auf der rechten Kameraseite oder der Unterseite des Gehäuses montiert werden. Die erste Lösung wurde bei Stativaufnahmen angewendet, die zweite bei Handaufnahmen; wobei die jetzt sehr große und schwere Kamera auf eine spezielle Körperbefestigung gesetzt wurde – das sogenannte Bruststativ.
Zu den frühen Patenten Rudolf Kuhnerts zur AK16 gehört dasjenige mit der Nummer DD3882 vom 9. September 1952, das sich auf ein Zusatzgetriebe für den Motor bezieht (Abb. unten). Denn wenn das Antriebsorgan von der Kamera getrennt ist, dann sei es auch sinnvoll, zusätzliche Getriebe zur Änderung der Antriebsdrehzahl bzw. Antriebscharakteristik nicht mehr wie bisher üblich in die Kamera einzubauen, sondern als wechselbare Adapter (3) zwischen Antrieb (1) und Gerät (2) anzuordnen. Seine Argumentation ging damals dahin, daß es gerade für den Amateur eine Kostenersparnis darstelle, wenn er auf Zusatzfunktionen wie spezielle Filmgeschwindigkeiten oder Einzelbildauslösungen verzichten könne und nur derjenige sie zusätzlich erwerbe, der sie auch brauche. Außerdem sei es bei Störungen des Zwischengetriebes möglich, dieses einfach stillzulegen ohne daß die Kamera selbst außer Betrieb gesetzt werden müsse. Das gibt auch einen Hinweis darauf, daß sich Kuhnert der hohen Störanfälligkeit damaliger elektromechanischer Antriebe sehr bewußt war.
Die zugehörige Kupplung zwischen diesen Antriebsorganen mit ihrer sogenannten Renkverriegelung hatte sich Kuhnert ebenfalls am 9. September 1952 schützen lassen (Abb. unten).
Einen großen Nachteil brachte es allerdings mit sich, wenn infolge des Grundkonzeptes der AK16 nicht nur der Motor, sondern auch die zugehörigen Getriebe außerhalb des Kameragehäuses angeordnet wurden: Filmkameras generell und solche mit Spiegelreflexsucher im Besonderen sollten immer mit geschlossener Sektorenblende zum Stillstand kommen. Einmal um das Verschleiern des im Bildfenster liegenden Filmabschnittes zu verhindern und zweitens, weil bei einer Spiegelreflexkamera ansonsten kein Sucherbild sichtbar wäre, weil ja die Sektorenblende gleichzeitig der Reflexspiegel ist. Dazu hatte Rudolf Kuhnert zusammen mit Friedrich Winkler bereits am 14. August 1952 eine Stillstandseinrichtung für die AK16 zum Patent angemeldet [DD4905 bzw. DE942.670]. Während bei einem Federwerk der Stillstand der Kameramechanik einfach mit einem harten Anschlag erzwungen wird, war diese Lösung für einen Elektromotor mit seinem empfindlichen Fliehkraft-Kontaktregler nicht anwendbar.
Die von den beiden Konstrukteuren gefundene Lösung hört sich allerdings kaum weniger abenteuerlich an. Denn nach Abschalten der Stromversorgung wird der Motor auf umgekehrte Drehrichtung umgeschaltet. Das Gewicht des Fliehkraftreglers läuft vergleichsweise sanft aus und wird von einer Rastklinke abgebremst. Der Motor selbst und damit die gesamte Kameramechanik werden also auf elektromagnetische Weise gebremst. Je nach Stellung des Motorankers läuft dieser dann noch so weit zurück, bis ein Haltekontakt den bildgenauen Stillstand der Kamera und der Sektorenblende im geschlossenen Zustand gewährleistet. Es ist dieser Strategie der Auslagerung kritischer Baugruppen zu verdanken, daß die Kamera recht einfach gestaltet werden konnte, jedoch ein großer Aufwand für den Motor erforderlich war. Es soll nicht verschwiegen werden, daß es letztlich dieser mechanisch sehr komplizierte Elektromotor gewesen ist, der immer wieder für Unzuerlässigkeiten und Ausfälle der Kamera verantwortlich zeichnete. Berufsfilmer sollen deshalb dazumal für gewöhnlich einen Austauschmotor mit sich geführt haben. Seit den 70er Jahren wurden zudem durch die Vertragswerkstätten und durch Privatleute die hochbelasteten Kontakte im Fliehkraftregler und sogar in der Drehrichtungsumschaltung vielfach mit Transistorschaltungen überbrückt, sodaß die Kontakte nur noch mit den deutlich kleineren Steuerströmen dieser Transistoren belastet wurden.
Oben sieht man die sogenannte Stoppeinrichtung G50 mit dem als Fliehkraftgewicht fungierenden Stopphebel G51 und der Prellklinke G53. Diese Stoppeinrichtung ist auf der Motorwelle befestigt
Das ist als Gegenstück die Schaltplatte G23, die mit ihrer Grundplatte G30 fest am Motorgehäuse montiert ist. Wenn man den Motorschalter G7 losläßt, dann wird dieser durch die unten gezeigte Kontaktgruppe auf Rückwärtslauf geschaltet. Wenn nun dadurch der Motor stark verlangsamt wird, dann bewirkt das oben gezeigte Fliehkraftgewicht G51, daß der in der Mitte sichtbare Anschlag -2313 einen Schaltvorgang auslöst, der die Stromzufuhr zum Motor möglichst im Moment des Stillstands unterbricht.
Das ist die sogenannte Kontaktplatte G21, die den Hauptschalter G20 bildet. Vier kürzere Kontakte bilden einen Polwendeschalter für die Richtungsumkehr des Motors. Die beiden längeren Kontakte sind der eigentliche Motorstromschalter. Es gibt insgesamt drei Schaltstellungen: In der Ruheposition steht der Motor auf Rückwärtslauf. Wenn der Motorschalter G7 gedrückt wird, dann wird der Motor zuerst auf Vorwärtstlauf geschaltet, anschließend wird der Motorstrom eingeschaltet. Beim Loslassen des Motorschalters erfolgt zuerst die Umschaltung auf Rückwärtslauf und im Moment des Stillstands des Motors wird sein Betriebsstrom abgeschaltet.
Interessant ist, daß Kuhnert ursprünglich auch den Federwerkantrieb für die AK16 stabförmig ausgelegt hatte, wodurch er analog zum Elektromotor wie eine Art Handgriff hätte verwendet werden können. Um das zu erreichen, sollten laut Schutzschrift DD4905 vom 30. Juli 1952 mehrere Federn (4) hintereinander angeordnet werden, deren Kraftwirkungen durch ein übereinander angeordnetes, mehrstufiges Zahnradgetriebe (5) and die Motorkupplung (6) weitergeben werden sollten. "Besonders vorteilhaft wirkt sich die erfindungsgemäße Anordnung darin aus, daß das handgriffartige Speicherwerk auch gegen einen Elektromotor gleicher Formgebung ausgewechselt werden kann" – so heißt es im Patent. Doch dieses Federwerk wurde nie in Serie produziert.
Weshalb das so war, das kann man aus einem Bundesdeutschen Gebrauchsmuster [Nr. 1.733.182 vom 9. Juni 1956] bzw. einem Schweizerischen Patent [Nr. CH350.187 vom 18. Dezember 1956] zum tatsächlich produzierten Federwerkantrieb der AK16 herauslesen, das von Herbert Göpfert entwickelt worden war. Für ein leistungsfähiges Federwerk seien demnach derart starke Federkräfte notwendig, daß die Kraft zum Spannen desselben nur durch einen entsprechend langen Hebel zu erreichen sei. Damit dieser Hebel jedoch beim Transport der Kamera und beim Filmen nicht hinderlich wird, hatte Herr Göpfert ihn so konzipiert, daß er in seiner Ruhestellung das Federwerksgehäuse nicht wesentlich überragte. Dieses groß dimensionierte Federwerk war zwar sehr leistungsfähig und machte die Kamera unabhängig von elektrischer Energie. Doch war ein Arbeiten damit nur noch von einem schweren Stativ aus möglich.
Zwar hatte sich Rudolf Kuhnert das Prinzip eines Zwischenschaltgetriebes im oben bereits erläuterten Patent Nr. DD3882 vom September 1952 schützen lassen, das tatsächliche Einzelbildschaltwerk wurde dann allerdings erst im Jahre 1955 von Herbert Göpfert und Josef Bönisch entwickelt und zum 15. Oktober in der DDR [Nr. DD14.855] und zum 17. Oktober in der Bundesrepublik [Nr. DE1.041.791] patentiert. Mit diesem Adapter waren allerdings nicht nur die besagten Einzelbilder (Stellung "E") möglich, sondern in Stellung "B" auch Zeitaufnahmen beliebiger Dauer. Das Besondere an diesem Zwischenschaltgetriebe lag aber darin, daß der Elektromotor der AK16 dabei auf Dauerlauf geschaltet werden konnte. In dem Hohlzylinder war eine sogenannte Schlingfederkupplung untergebracht, mit der sich das Einsetzen und stoppen der Drehbewegung der Abgangswelle sehr genau und ohne nennenswerten Verschleiß steuern ließ. In Stellung "L" des Laufartenwählers konnte damit auch der normale Kameralauf bis 32 Bilder je Sekunde gestartet und gestoppt werden, ohne daß jedes Mal die oben beschriebene elektrische Drehrichtungsumsteuerrung in Betrieb gesetzt werden mußte. Fand man sich also damit ab, den Motor der AK16 auch zwischen den Szenen im Dauerlauf zu halten (und damit unnötig Akkuleistung zu verbrauchen), dann ließ sich die Kamera deutlich bequemer (und ggf. auch mit Drahtauslöser) über den Auslöser dieses Einzelbildschaltwerkes auslösen. Freilich wurde der Motor damit noch einmal um einige Zentimeter verlängert.
Welch hohe Innovationsfreude in der Laufbild-Abteilung des VEB Zeiss Ikon damals geherrscht hat, läßt sich auch daran ablesen, daß sogar für so ein lapidar anmutendes Bauteil wie eine Handkurbel zum Rückwickeln des Filmes (beispielsweise bei Überblendungen) individuelle Lösungen gefunden und Schutzrechte dafür ersucht wurden [DD12.931 vom 8. Dezember 1954; Rudolf Kuhnert und Heinz Schille]. Diese Rückwickelkurbel konnte an der gerade nicht mit einem Motor verbundenen Antriebswelle angebracht werden und auch an dieser verbleiben, sobald wieder motorisch angetrieben wurde, da durch einen sinnreichen Mechanismus die Kurbel dabei ausgekuppelt wurde und sich dadurch nicht mitdrehen konnte.
Später hatte man freilich erkannt, daß es sinnvoll sein kann, daß eine Rückwickelkurbel auch für den Vorwärtstransport geeignet ist, um beispielsweise Einzelbilder mit längeren Belichtungszeiten ohne großen technischen Aufwand anfertigen zu können. Dies konnte die bisherige Kurbel durch ihren Ratschenmechanismus allerdings nicht leisten. Heinz Wellhöfer konstruierte daher eine neue Variante, die einen Handbetrieb in beide Richtungen erlaubte und sich aber trotzdem von selbst ausklinkte, sobald die Kamera wieder motorisch betrieben wurde. Diese Kurbel ist im DDR-Patent Nr. DD20.255 vom 9. Juli 1958 bzw. im Bundesdeutschen Patent Nr. DE1.070.022 vom 21. August 1958 geschützt.
Die zweifellos großen Vorteile, die der Antrieb per Elektromotor für die Filmarbeit mit sich brachte, dürfen aber nicht den Blick auf dessen Nachteile verstellen: Nicht nur, daß der Motor an sich schon sehr groß und schwer ausfiel, da seine Drehzahlsteuerung damals nur auf rein mechanischem Wege möglich war. Diese beiden Bilder zeigen auch den Bleisammler, der notwendigerweise stets mitgeschleppt werden mußte und der schließlich der Belastung des Filmers noch die Krone aufsetzte. Später war das alles viel kompakter möglich, aber da war die Weiterentwicklung des AK16-Systems lange schon eingestellt worden. Bilder: Manfred Uhlenhut, Deutsche Fotothek, Datensätze 89029844 und 89029845 vom 3. August 1966.
4. Zwischen Spitzenleistung und Rückstand
Die völlige Neukonstruktion eines Produktes stellt stets eine große Gefahr für ein Unternehmen dar – zumal wenn dabei an mehreren Stellen zugleich komplett neue Lösungen beschritten werden. Und daß dies bei der AK16 sowohl in bezug auf grundsätzliche Fragen zum Aufbau einer Filmkamera bis in konstruktive Details hinein der Fall gewesen war, konnte oben anhand der mannigfaltigen Auszüge aus der Patentliteratur gezeigt werden. In diesem Zusammenhang darf auch nicht außer Acht gelassen werden, daß der VEB Zeiss Ikon und insbesondere der Konstrukteur Rudolf Kuhnert zuvor sehr schlechte Erfahrungen mit einer solchen totalen Neukonstruktion gemacht hatten. Die etwa seit Sommer 1945 entwickelte Spiegel-Contax hatte etwa vier Jahre Konstruktionszeit gebraucht und als sie dann ab Jahresende 1949 zur Auslieferung gelangte, stellten sich nach kurzer Zeit derart viele Ausfälle ein, daß die Produktion der Kamera gestoppt und ihr Verschlußmechanismus umkonstruiert werden mußte. Ein solches Debakel mußte im Hinblick auf eine neue Laufbildkamera unbedingt vermieden werden.
Am linken Bildrand dieser Aufnahme ist Rudolf Kuhnert zu sehen, der zusammen mit Walter Hennig (Mitte) und Wilhelm Winzenburg (rechts) auch maßgeblich an der Konstruktion der Contax S beteiligt war.
Vor genau diesem historischen Hintergrund ist es um so bemerkenswerter, daß bei der Konstruktion der AK16 dennoch so viele neue Konstruktionspfade betreten wurden. Gerade im Hinblick auf den elektromotorischen Antrieb war das durchaus gewagt. Gut zu erkennen und sicherlich den negativen Erfahrungen Kuhnerts beim Contax-Debakel geschuldet, ist sein Bestreben, den Kameramechanismus selbst so simpel und übersichtlich wie möglich zu halten. Die mechanisch kritischen und hohem Verschleiß ausgesetzten Bauteile, wie der Elektromotor und die Zwischenschaltgetriebe, sind dagegen in abnehmbaren und leicht gesondert instandsetzbaren Zusatzkomponenten untergebracht, sodaß deren Ausfall nicht die gesamte Kamera außer Gefecht setzen konnte. Außerdem verhinderte man auf diese Weise, daß bei einer Reparatur des empfindlichen Fliehkraftreglers oder eines Einzelbildschaltwerkes nicht jedes Mal tief in die Kamera eingegriffen und dabei justageempfindliche Baugruppen angetastet werden mußten. Als Folge daraus ist jedoch festzustellen, daß durch die Verlagerung der vielen Steuereinrichtungen, die beispielsweise den Stillstand der Kamera mit geschlossener Sektorenblende gewährleisten, in die von außen anzuschließenden Zusatzgeräte dieselben außergewöhnlich großvolumig und auch massereich gerieten. Demgegenüber fällt auf, daß das Innere der AK16 ausgesprochen viele Leerräume aufweist. Auch das war sicherlich eine Lehre Kuhnerts aus der mit Mechanik vollgestopften und auf extreme Kompaktheit getrimmten Spiegel-Contax.
Wie man sieht, muß bei der Frage, weshalb bei der AK16 gerade diese oder jene konstruktive Lösung angewandt worden ist, die Vorgeschichte ihrer Entstehungszeit besonders berücksichtigt werden. Nachdem die Kamera offenbar bereits im März 1951 im eingangs besprochenen Prototypstatus erstmals der Öffentlichkeit präsentiert worden war, erfolgte die erste Vorstellung der Serienkamera dann im Jahr 1953. Doch noch zur Frühjahrsmesse 1955 hieß es im Messebericht der Fachzeitschrift Bild & Ton:
"Auch die Schmalfilmaufnahmekamera AK 16 wird wieder zu sehen sein. Leider steht der Umfang ihrer Produktion immer noch nicht im Einklang mit den Kaufwünschen."
Anders also als die 1954 herausgebrachte AK8, von der offenbar in kurzer Zeit mehrere Zehntausend Stück gefertigt und der Markt mit ihr regelrecht überschwemmt wurde, waren die Produktionsziffern der AK16 ungleich geringer. Außerdem war sie eben, im Gegensatz zu dem, was ihr Name suggeriert, keinesfalls eine Amateurkamera. Vielmehr wurden Betriebe, Institutionen und Massenorganisationen mit ihr beliefert und der ambitionierte Amateurfilmer hatte im Prinzip kaum eine Chance, eine derartige Kamera privat zu erwerben. Daran wird sich auch nicht viel geändert haben, als im Jahre 1958 endlich die Bezugsscheinpflicht aufgehoben und technische Geräte theoretisch erstmals in der DDR frei verkäuflich wurden. Selbst wer also den für damalige Verhältnisse horrenden Preis dieser Kamera hätte zahlen können, kam nicht so weiteres an sie heran.
Das bedeutete aber letztlich, daß in der DDR eine riesige Angebotslücke im 16-mm-Bereich klaffte. Außer einer sehr ambitionierten Kamera für den Profi, die es für den Normalbürger schlichtweg nicht zu kaufen gab, war nichts Weiteres in diesem Format verfügbar. Erst die in gewissen Stückzahlen in die DDR exportierte Admira 16 electric von Meopta/ČSSR besserte diese Situation in den 60er Jahren dahingehend in wenig. Sie war 1959 auf der Leipziger Frühjahrsmesse herausgebracht worden [Vgl. Photo-Magazin Heft 6/1959, S. 22.]. Mit ihrem einfachen Durchsichtssucher erfüllte sie freilich nur die bescheidensten Ansprüche. Trotzdem mußten selbst professionelle Filmberichterstatter mit diesem Gerät Vorlieb nehmen, wie die obige Aufnahme von Heinz Woost aus dem Jahre 1962 beweist [Deutsche Fotothek, Datensatz 71815615.]. War der fest im Handgriff untergebrachte NC-Akku leergefilmt, dann war Feierabend.
In der Zeit nach dem Erscheinen der AK16 hatte sich der VEB Zeiss Ikon zwar zunächst wirtschaftlich konsolidieren können, geriet aber ab der zweiten Jahreshälfte 1956 in eine tiefe Krise. Die Neu- und Weiterentwicklung der Erzeugnisse war quasi zum Erliegen gekommen, wofür nicht zuletzt die eigene Konstruktionsabteilung die zentrale Verantwortung trug. Der ganz große Wendepunkt ereignete sich jedoch auf der Photokina in Köln im Herbst 1956, als dem VEB Zeiss Ikon durch einstweilige Verfügung untersagt wurde, diesen Firmennamen in der Bundesrepublik Deutschland zu verwenden. Die seit Jahren mit der Zeiss Stiftung Heidenheim und der Zeiss Ikon AG in Stuttgart nicht ohne Teilerfolge geführten Auseinandersetzung um die Markenrechte hatte eine jähe Wendung erfahren. Die folgenden Jahre sind daher mit einem sukzessiven Auflösungsprozeß des VEB Zeiss Ikon überprägt, der mit der Umbenennung der verbliebenen Laufbildsparte in VEB Kinowerke im März 1958 seinen Höhepunkt erreicht. Im Juli desselben Jahres wurde der Betrieb dann scharf auf dem V. Parteitag der SED öffentlich angegriffen und von Walter Ulbricht persönlich als Negativbeispiel für den Verlust der technischen Konkurrenzfähigkeit innerhalb der DDR-Industrie angeprangert. Erst mit der Gründung des VEB Kamera- und Kinowerke zum 1. Januar 1959 gelang der Anstoß für eine zögerliche wirtschaftliche Konsolidierung und der Straffung der Produktion.
Mit dem im Abschnitt 3.1 beschriebenen Zeitmarkengeber konnten Synchronimpulse im 10-Millisekunden-Abstand auf dem für die Tonspur freigehaltenen Teil des 16-mm-Materiales aufbelichtet werden. Damit konnte später bei der Wiedergabe wieder jener Gleichlauf wiederhergestellt werden, den im Zeitpunkt der Aufnahme die mit dem Synchronmotor versehene Pentaflex 16 mit der den Ton aufzeichnenden Bandmaschine gehabt hatte. Praktisch angewandt wurde das System jedoch selten, da es nur bei Netzspeisung beider Geräte funktionierte.
Doch dem neuen Kamera-Großbetrieb fehlte es nach wie vor an konkurrenzfähigen Produkten. In dieser Zeit, in der eilig eine Pentina und eine Pentaflex 8 auf den Markt gebracht wurden, die vorher jahrelang halbfertig in der Schublade gelegen hatten, wird die AK16 in Pentaflex 16 umbenannt und äußerlich modernisiert endlich wieder in größeren Stückzahlen gefertigt. Technisch blieb jedoch alles beim alten. Zu den letzten Innovationen zählte das auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1957 vorgestellte Pentovar 2/15-60 mm [Vgl. Bild & Ton, Heft 4/1957, S. 90]. Das von Robert Geißler im VEB Zeiss Ikon geschaffene Varioobjektiv wurde übrigens in Dresden gefertigt und nicht beim VEB Zeiss Jena. Auch der Hochleistungsmotor für bis zu 96 Bilder je Sekunde sowie das zugehörige Untersetzungsgetriebe für niedrigere Bildwechselzahlen waren auf der Frühjahrsmesse 1957 herausgebracht worden. Ebenso kam das Federwerk jetzt erst auf den Markt [Vgl. ebenda]. Und auf der Frühjahrsmesse 1958 war schließlich – und zwar bereits unter der neuen Firmenbezeichnung VEB Kinowerke – als letzte Innovation die 120-Meter-Kassette vorgestellt worden [Vgl. Bild & Ton, Heft 4/1958, Seite 102.]. Angesichts der enormen Schwierigkeiten des Werkes in dieser Phase, erlangten diese Zubehörteile aber faktisch erst Bedeutung, als die Produktion in Form der Pentaflex 16 wieder größere Stückzahlen erreichte. Diesen Messeberichten zufolge, scheint übrigens die Umbenennung der AK16 in Pentaflex 16 im Zuge der Frühjahrsmesse 1960 erfolgt zu sein, da hier diese Bezeichnung zum ersten Mal auftaucht [Vgl. Bild & Ton, Heft 5/1960, S. 153.].
Die Weiterproduktion durch den VEB Kamera- und Kinowerke bzw. ab 1964 durch den VEB Pentacon Dresden sowie ihre äußerliche Modernisierung darf nicht darüber hinweg täuschen, daß diese Nachfolgebetriebe jegliche Weiterentwicklung der AK16 unterließen. Die Kamera blieb damit auf dem in den Jahren 1957/58 erreichten technischen Stand. Da die Geschichte der Objektive der AK16/Pentaflex 16 sehr genau nachvollzogen werden kann, und das Auslaufen deren Produktion im Jahre 1965 zu verzeichnen ist, wird auch die Pentaflex 16 nicht mehr lang darüber hinaus gefertigt worden sein. Für das Ausland war die mittlerweile deutlich veraltete Kamera uninteressant geworden und im Inland war die Nachfrage von Seiten der Betriebe, Behörden, Institutionen, Universitäten und den vielen Amateurfilmstudios bald gesättigt. Für den enthusiastischen Privatmann blieb die AK16 dennoch ein unerfüllbarer Traum, der später allenfalls durch Kauf aus zweiter Hand erfüllt werden konnte.
Nachtrag: Nachdem dieser Artikel mittlerweile auch von einigen US-Amerikanern rezipiert worden ist, häuften sich die Hinweise, daß diese Kamera auf dem dortigen Markt praktisch unbekannt ist. Das ist ein nicht zu verachtendes Detail. Denn anders als die Contax S, die sogleich zu großen Anteilen in die USA exportiert werden konnte, gelang dasselbe mit der AK16 offenbar überhaupt nicht. Das mag seine Ursache darin haben, daß der dortige Markt der Schmalfilmkameras auch von bereits lange etablierten US-Firmen in ausreichendem Umfange abgedeckt wurde und man daher auf diesem Gebiete gar keine europäischen Erzeugnisse nötig hatte. Dieser Umstand jedenfalls könnte eine Erklärung dafür sein, weshalb die Weiterentwicklung dieser aufwändigen Neukonstruktion schon kurze Zeit nach ihrem Erscheinen wieder in Stagnation verfiel. Denn um es noch einmal deutlich zu sagen: derartige Spitzenerzeugnisse wurden in der DDR nicht dafür entwickelt, um im eigenen Land oder an die Polen und Tschechen verkauft zu werden, sondern um harte Devisen mit ihnen einzunehmen. Blieb dies aus, zogen die Wirtschaftsfunktionäre rasch die Reißleine...
Beispiele für den zeitgenössischen Einsatz der AK bei der Filmberichterstattung, oben im April 1959, unten im Dezember 1967. Bilder: Heinz Woost, Deutsche Fotothek, Datensätze 71813912 und 71809665.
Hier beim "Polytechnischen Unterricht des zentralen Pionierfilmstudios" in Görlitz im Mai 1959, Woost, Datensätze 71814038, 71814049 und 71814037.
Als bewegliche Handkamera war die AK16 aufgrund der Auslegung mit Ansatzmotor und Wechselkassetten nicht gut geeignet. Wie man sieht, wurde selbst in der DDR für diese Zwecke eine Bolex bevorzugt, wie der für die Aktuelle Kamera des Deutschen Fernsehfunks arbeitende Heinz Woost anhand seiner Kollegen im Jahre 1960 dokumentiert hat [Deutsche Fotothek, Datensatz 71815037].
Ich danke Patrick Müller, ohne dessen Unterstützung dieser Artikel nicht möglich gewesen wäre,
sowie Simon Worsley für die Bilder der Prototypkamera.
Marco Kröger
letzte Änderung: 7. Oktober 2024
Yves Strobelt, Zwickau
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