Kamera-Basteleien

Kamera Basteleien

Kompakt-Großformatkamera 13x18

Zur Verfügung stand ein einzelnes Symmar 5,6/150 mm von Schneider Optik Kreuznach. Das ist eigentlich ein Normalobjektiv für das Großformat 9x12 Zentimeter bzw. 4x5 Zoll. Derlei Großformatobjektive haben aber im allgemeinen die Eigenschaft, ein größeres Bildfeld auszuzeichnen, als das Nennformat, für das sie eigentlich vorgesehen sind. Der Rest dient als Verstellreserve. Einer der Gründe, wieso auch heute noch im Großformat gearbeitet wird, liegt nämlich darin, daß die zugehörigen Kameras oft mannigfaltige Verstellmöglichkeiten bieten, um die perspektivische Wirkung der Abbildung exakt steuern zu können. Verzichtet man auf diese Verstellmöglichkeit, dann läßt sich freilich der gesamte Bildkreis eines solchen Objektives in Gänze ausnutzen. Das Datenblatt zum Symmar 150 läßt nun erkennen, daß dieses Objektiv ab Blende 16 einen Bildkreis von 210 mm ausleuchtet – das ist genau die Diagonale des Nennformates 13x18cm. Dann wird dem Symmar ein Bildwinkel von etwa 70 Grad abverlangt, was auf Kleinbild umgerechnet in etwa einer Brennweite von 31mm entspricht. Ein mittleres Weitwinkel par exellence also.

Hand Made Large Format Camera 13x18 cm

Man sieht, daß zu solch einer Großformatkamera nicht viel dazu ist. Das was das Bild macht, steckt im Objektiv. Eine Frontstandarte und eine Rückstandarte aus einem Verbundwerkstoff ist schnell gebastelt und auch einen lichtdichten Balgen kann man sich selbst anfertigen. Das mit dem "Pentacon Dresden" ist natürlich Phantasie. Obwohl: Nicht ganz. Was man hier nicht sieht, ist die Verbindung zwischen den beiden Standarten; und die besteht aus Teilen eines Pentacon Six Balgengerätes, dessen Zahntrieb dem Scharfstellen dient. Der Mattscheibenrahmen und die Kassetten stammen von der Mentor Studio 13x18mm. Der Clou der ganzen Sache: Weil diese Eigenbau-Kamera ganz speziell auf dieses Objektiv ausgelegt ist, braucht sie keinen langen Auszug. Sie ist also kaum tiefer als 15 Zentimeter. Kompakter geht 13x18 eigentlich nicht.

Höffersche Spinnmühle Tannenberg

Oben sieht man eine Aufnahme, die ich mit der selbstgebauten Großformatkamera belichtet habe. Motiv war ein Spinnsaal der Höffer-Fabrik in Tannenberg. Es handelt sich mittlerweile um ein historisches Dokument, denn vier Jahre nach diesen Aufnahmen wurde dieses einmalige Zeugnis der Sächsischen Industriegeschichte wegen Baufälligkeit abgerissen. Es blutet einem das Herz, denn viele Details der Innenausstattung waren ganz offenbar noch im Original aus den späten 1830er Jahren erhalten geblieben. Wenn ich nur an die in jeder Etage vorhandenen Aborte aus Steingut mit ihren Holzdeckeln denke. Wieviele Generationen an Arbeitern werden hier wohl ihre allzumenschlichen Dringlichkeiten verrichtet haben.


Aber zurück zum Großformat: Der Scan der obigen Aufnahme hat bei 2400 dpi eine Auflösung von reichlich 160 Megapixeln. In dem Negativ steckt eigentlich mehr drin, aber oberhalb von 2400 dpi liefert mein Scanner nur noch leere Vergrößerungen. Daß auf der unter dem Bild angefügten Ausschnittsvergrößerung, auf der man doch tatsächlich in diesem riesigen Spinnsaal eine einzige Lüsterklemme ausmachen kann, dieselbe etwas verschwaschen aussieht, liegt also hauptsächlich an der Unzulänglichkeit meines Sanners. Mit anderen Worten: Es steckt unvorstellbar viel Information in diesem Negativ. Kein Wunder; immerhin haben nicht weniger als 27 Kleinbild-Bildfelder in diesem 13x18 Negativ platz. Der Fomapan 100 ist meiner Ansicht nach auch im Kleinbild feinkörnig und scharf, vor allem bei Entwicklung in klassichem Amidophenol. Geradezu unfaßbar ist für mich jedoch das Auflöungsvermögen des Symmars. Dessen Trennschärfe steht bei einer mittleren Abblendung einer Kleinbildoptik nicht nach.


Dazu gesellt sich noch ein stark gesteigerter Dynamikumfang. Bei gleichzeitig angefertigten Digitalaufnahmen war die Mitte des großen Raumes sehr dunkel, während die Fensternischen völlig überstrahlt wurden. Das verwundert nicht, denn die Fenster waren die einzige Lichtquelle bei dieser Aufnahme. Um so erstaunlicher ist es doch, daß im Großformat sogar die Fensterkreuze erkennbar sind, die bei den Digitalaufnahmen völlig überstrahlt waren. Was das betrifft kommt einem noch ein weiterer Vorzug des Großformates zugute: Das Negativ kann blattweise und daher völlig individuell entwickelt werden. Beim obigen Beispiel wurde mit Calbe R09 (≙Original Rodinal) in der Verdünnung 1:200 etwa eine anderthalbe Stunde entwickelt, wobei nur etwa alle 15 Minuten bewegt wurde.


Aus diesen Erkenntnissen läßt sich schließen, daß die photochemische Photographie der Digitalphotographie uneinholbar vorauseilt, sobald man es schlichtweg unterläßt, die großen Bahnen, auf denen die Emulsion gegossen wird, allzusehr kleinzuschneiden. Eine Vergrößerung des Aufnahmeformates, die in der elektronischen Photographie ganz schnell ins technisch Unmögliche und finanziell nicht Bezahlbare ausartet, ist und bleibt der kassischen Photographie vorbehalten. Einzig: wer braucht schon mehrere hundert Megapixel Auflösungsvermögen...

Übrigens läßt sich der Fomapan 100 – wie die meisten klassischen Schwarzweiß-Negativfilme – auch umkehrentwickeln. Man erhält dann Großdiapositive im jeweiligen Aufnahmeformat. Glauben Sie mir; die Brillanz die da drin steckt, vermag auch der beste Computermonitor nicht zu übertragen.

Rollfilm-Schnappschußkameras

Alte Rollfilmkameras mit Metallgehäuse bieten eine wertvolle Grundlage für hochwertige Umbauten. Dazu gehört aber, die anfällige Springmechanik mit ihrem Lederbald durch eine feste Objektivanlage zu ersetzen. Kurzbrennweitige Objektive wie das Schneider Angulon 6,8/65 mm sorgen für eine große Schnappschußbereitschaft. Die geringe Lichtstärke ist unerheblich, da das Objektiv schon bei offener Blende sehr hohe Bildleistung zeigt.

Wichtig bei einer Schnappschußkamera ist aber die Doppelbelichtungssperre und der Gehäuseauslöser, der eine Übertragung zum Objektiv verlangt. Dann kann man selbst mit einer solchen 6x6-Kamera ausgesprochen dynamsich knipsen.

Nach einem ähnlichen Prinzip wurde unten die Dagora Dignette umgebaut, indem das einfache Box-Objektiv durch ein Agfa Apotar 3,9/60 mm aus einer 4x4-Kamera ersetzt wurde. Das Format wurde auf 4,5x6 cm verkleinert, um den Bildkreis des Objektivs nicht zu überreizen.

Das Angulon 6,8/65 mm von Tronnier aus dem Jahre 1930 ist eigentlich für das Nennformat 6x9 cm gerechnet, wo es einen Bildwinkel von knapp 80 Grad erreicht. Das sind etwa 26... 27 mm bezogen auf das Kleinbildformat. Das sind eigentlich gute Voraussetzungen für eine 6x9-Reisekamera. Ich habe daher eine Zeiss Ikon Ikonta mit völlig zerstörter Springmechanik auf dieses Objektiv umgerüstet, wobei wieder die Doppelbelichtungssperre dieser Kamera erhalten werden sollte, was eine Übertragung des Gehäuseauslösers aufs Objektiv verlangte.

Praktica B digital

Ich habe mir ein Herz gefasst und den Umbau einer Pentax K100 D auf Praktica B-Bajonett gewagt. Priorität war, dass die Objektive auf Unendlich eingestellt werden können und dass die Übertragung der automatischen Springblende gewährleistet bleibt. Durch Einbau einer Einstellscheibe mit Tripel-Messkeil läßt sich außerdem sehr bequem scharfstellen.

Praktica L mit Motorantrieb

Mentor Reflex 6x9 mit Weitwinkel


Diese urige Spiegelreflexkamera ist heute noch deshalb interessant, weil sie die Verwendung hochwertiger Objektive ohne eigenen Zentralverschluß  gestattet. So zum Beispiel Apo-Tessare und Apo-Germinare aus der ehemaligen Reproduktionsphotographie. Sehr hinderlich dabei sind aber die urzeitlichen Holzkassetten, mit denen die kameras ursprünglich ausgestattet wurden. Ich habe daher das Drehrückteil meiner Studio Reflex auf eine Führung aus Metall umgebaut, bei der man wahlweise Doppelkassetten aus Neusilber oder eine umgebaute Rollex Rollfilmkassette aus Stahlblech verwenden kann. Letzeres ist vor allem für Farbmaterial interessant. Für Schwarzweiß wird man sicherlich beim Planfilm bleiben, den man bequem einzeln in der Schale entwickelt. Die Kamera ist gerade noch kompakt genug, um sie in die freie Wildbahn mitnehmen zu können.

Als nachteilig ist aber anzusehen, daß als kürzeste Brennweite nur das Tessar 4,5/165 mm verwendet werden kann. Das ergibt auf das Kleinbild bezogen etwa 70mm Brennweite (der Umrechnungsfaktor beträgt ca. 1:2,4). Ein wirklich weitwinkliges Objektiv gab es für diese Kamera aufgrund des Reflexspiegels naturgemäß nie, da dies eine Retrofokus-Konstruktion mit ausreichend langer Schnittweite verlangt hätte.  Mir ist aber die Idee gekommen, dafür ein sogenanntes Shiftobjektiv für das Format 6x7 zu verwenden, das nicht nur einen ausreichend großen Bildwinkel aufweist, um das größere 6x9-Format auszuzeichnen, sondern auch eine ausreichend lange Schnittweite. Das liegt daran, weil zwischen Rücklinse des Objektivs und Objektivanschluß noch der Shiftmechanismus untergebracht werden mußte.

Das oben zu sehende Mamiya-Shiftobjektiv 4,5/75 mm hat einstmals stolze 5890,- Mark gekostet. Dann hat es der ursprüngliche Besitzer allerdings ins Wasser fallen lassen. Während sich die Linsen problemlos säubern ließen, war der Zentralverschluß unrettbar hinüber. Durch weglassen des Shiftmechanismuses ließ es sich sehr gut an die Mentor Studioreflex 6,5x9 adaptieren. Seine 75 mm Brennweite werden dadurch zu einem echten Weitwinkel mit umgerechnet aufs Kleinbild etwa 31 mm Brennweite. Daß dabei Mamiya-6x7-Objektive keine eigene Fokussiermechanik haben, stört deshalb nicht, weil die Studioreflex ja über eine Zahnstangenfokussierung verfügt. Die Bilder werden absolut randscharf ausgezeichnet. Die Bildwinkelreserve ist derart groß, daß selbst an der 9x9 cm großen Mattscheibe der Mentor keine vignettierten Ecken zu sehen sind.

Praktica 24x30 und 18x24 mm

Das Kleinbildformat 24x36mm wird zumeist Oskar Barnack zugesprochen. Er hat wohl seinerzeit einfach das Kinoformat von vier Perforationslöchern Bildhöhe auf acht Perforationslöcher Bildbreite verdoppelt. Fakt ist, daß seine Leica dieses Format etabliert hat und zwar mitsamt der bis heute gebräuchlichen Brennweitenabstufung der Wechselobjektive. Richtig glücklich war man aber mit diesem  ziemlich langgestreckten Format eigentlich nie. Es verschwendet wie alle ausgeprägten Rechteckformate ziemlich viel Bildfläche des Objektivs. Von dieser Warte aus müßten Photos eigentlich kreisrund sein. Das Quadrat ist dahingehend stets der beste Kompromiß gewesen. Andererseits hatten die Papierformate mit Ausnahme des 10x15-Formates stets ein kleineres Seitenverhältnis als 1:1,5 - obwohl auch hier nie Einheitlichkeit erreicht wurde. In den 30er bis 50er Jahren hat es durchaus immer wieder Versuche verschiedener Kamerahersteller gegeben, ein Kleinbildformat zu etablieren, das weniger langgestreckt sein sollte. Die japanische Firma Nikon war wohl eine der letzten größeren "Widerständler“. Aber als der Export eine immer größere Rolle spielte, gab man dem internationalen Markt nach. Danach waren solche Projekte gestorben. Selbst das eigentlich begehrenswerte Format 24x24mm, wie es in der Zwischenkriegszeit von Kameras wie dem Robot oder der Tenax eingeführt wurde, verschwand in die Bedeutungslosigkeit. Gut, beim 24x24 ist das noch nachvollziehbar. Hier spielten vielleicht technische Gründe eine Rolle, denn der Bildschritt einer Kleinbildkamera ist stets mit dem genormten Perforationslochabstand 4,75mm verbunden. Das 24x24 Format ist kein ganzzahliges Vielfaches davon; der Bildtransport wird ungleichmäßig, mechanisch kompliziert und der Bildstrich ist verglichen zur Perforation dauernd woanders. Aus Sicht des Kamerabauers ist es besser, den Bildtransport auf die Perforation abzustimmen. Acht Perforationslöcher sind Standard, das ergibt 8 x 4,75 = 38mm. Minus zwei Millimetern Bildsteg kommt man zum üblichen 24x36 Format. 7 x 4,75 = 33,25. Hier bringt man knapp das Format 24x32mm unter, das mit einem Seitenverhältnis von 1:1,33 (oder 4:3) vielen Papierformaten entspricht. Da wird aber der Bildsteg sehr dünn. Besser ist ein Format 24x31 bzw. als Nennformat 24x30mm, bei denen man auf einen üblichen Bildsteg kommt. Ich habe eine Praktica IV durch Einbau einer siebenzähnigen Transporttrommel auf dieses Format umgerüstet und natürlich auch das Bildfenster (und den Sucher) auf 31mm Bildbreite maskiert. Die Resultate, die mit der Versuchskamera erreicht wurden, waren überzeugend. Die Bildwirkung des weniger langgestreckten Formates ist gefälliger, man spart auch an Filmmaterial. Leider hat sich das wie gesagt nie durchsetzen können, zumal auch die Kameras hätten kompakter ausgeführt werden können.

Praktica IV 24x30mm
Praktica IV 24x30mm

Übrigens geht das ganze auch mit Zahnrollen, die noch weniger Zähne aufweisen. Mit sechs Zähnen käme man auf ein wenig sinnvolles Format 24x27mm. Mit vier Zähnen jedoch erhält man das ursprüngliche Kinoformat (Stummfilm) von 18x24mm. Ich habe diese Praktica IV zu einer Zeit auf dieses Bildformat umgebaut, als gute Scanner noch teuer waren und man noch auf Disketten speicherte. Auf diese Weise war es möglich, ca. 75 Buchseiten (auch mit farbigen Abbildungen) auf einen einzigen Farbumkehrfilm zu bannen. Für Bücher, die man nur per Fernleihe beziehen konnte, lohnte sich der Aufwand allemal.

Praktica VLC mit Arbeitsblendenmessung

Das Spitzenmodell der L-Reihe war die VLC, die praktisch als eine LLC bzw. PLC mit austauschbaren Sucherelementen anzusehen ist. Dazu war allerdings eine andere Form der Ausspiegelung des Meßlichtanteils notwendig. Statt am festeingebauten Umkehrprisma  wurde das Licht bei diesem Modell am Reflexspiegel abgezweigt, der dazu in der Mitte halbdurchlässig verspiegelt war.

Seinerzeit ein Qualitätsmerkmal dieser Kamera war die Offenblendenmessung durch elektrische Blendenwertübertragung. Leider ist die VLC deshalb aber nur mit solchen Objektiven sinnvoll einsetzbar, die diese Übertragungseinrichtung aufweisen ("electric"). Aus mehreren Ersatzteilen habe ich daher ein Modell gebaut, das die übliche Arbeitsblendenmessung der Praktica LTL bzw. MTL bietet, womit quasi alle M42-Objektive benutzt werden können, ohne die Springblendenautomatik dauernd außer Kraft setzen zu müssen. Das ermöglicht die bekannte Meßtaste, die wie üblich mit der Blendenmechnik gekoppelt ist.

Praktica VLC Arbeitsblendenmessung

Praktica mit externer Verschlußzeitensteuerung

Für spezielle Zwecke wie beispielsweise Mikroverfilmung, Laborarbeit, technische Photoarbeiten am Mikroskop oder Fernrohr, zur Registrierung von Abläufen, usw. ist (war) es oftmals notwendig, mit sehr fein abgestuften, längeren Verschlußzeiten zu arbeiten. Diese müssen dann, wenn sie einmal eingestellt wurden, mit großer Wiederholgenauigkeit konstant gehalten werden. Das ermöglicht diese extern steuerbare Praktica, die in Verbindung  mit der hier gezeigten elektronischen Belichtungsuhr Verschlußzeiten zwischen 100 Mikrosekunden und 8,1 Minuten  liefern kann.  Aber auch alle möglichen anderen  elektronischen Schaltungen wie  Lichtmengenzähler wären denkbar.   Ich habe beispielsweise mit dieser Kamera transparente Skalen auf Mikrofilm hergestellt.  Dieses Material hat solch einen geringen Belichtungsspielraum, daß man sich sehr feinfühlig an den Punkt der richtigen Belichtung herantasten muß.  Diese colortaugliche Belichtungsuhr vom Typ "exakt" ist dafür sehr gut geeignet gewesen.

Praktiflex mit fest installiertem Prismensucher

Marco Kröger


letzte Änderung 1. April 2023