AK8 und Pentaka

Von der AK8 zur Pentaka automatic

Schmalfilm-Amateurkameras aus Dresden

1. Die AK 8

AK8
AK8

Jaja, ich weiß; nicht alles was hinkt ist ein Vergleich. Trotzdem möchte ich an dieser Stelle mal einen solchen wagen: Die Amateurkamera AK8 war 1954 für den Schmalfilmer der DDR in etwa das, was der Trabant drei Jahre später für den Autofahrer dieses kleinen Landes darstellte: eine wohldurchdachte Minimallösung nämlich, die letztlich genau das beinhaltete, was zum Zwecke des Filmens beziehungsweise Autofahrens eben gerade so ausreichte. Eine gewisse Sparsamkeit im Materialeinsatz und beim technischem Aufwand sollte es im Gegenzug ermöglichen, daß möglichst viele fleißige Werktätige in den Genuß dieser Errungenschaft geraten konnten. Nach den Aufständen vom 17. Juni hatte die SED dieses Prinzip nun zur regelrechten wirtschaftspolitischen Doktrin erhoben und die AK8 ist neben der Werra Kleinbildkamera als der typischste Vertreter ihres "Neuen Kurses" im Photosektor anzusehen.

Oben: Bilder von Pressevorstellung der AK8 im Jahre 1954, photographiert von Erich Höhne und Erich Pohl. [Bildquelle: Deutsche Fotothek].

Unten: Aufnahmen aus der frühen Produktion der AK8 von denselben Bildautoren.

Schließlich muß man sich einmal vor Augen führen, in welcher hoffnungslosen Situation sich der Amateur-Schmalfilm in der DDR Mitte der 50er Jahre befand. Seit etwa anderthalb Jahrzehnten, nachdem um 1940 bedingt durch die Kriegswirtschaft die Produktion an Schmalfilmgeräten in Dresden zum Erliegen gekommen war, hatte es im Osten Deutschlands keinerlei Produkte auf diesem Sektor mehr neu zu kaufen gegeben. Von den wenigen aus der ČSSR importierten Admiras abgesehen, mußten die Schmalfilmer in der DDR mit den Vorkriegskameras auskommen. Kein Wunder also, daß die AK8, als sie im Laufe des Jahres 1954 plötzlich überall in den Fachgeschäften auftauchte, binnen kurzer Zeit für eine große Belebung des Schmalfilmwesens in der DDR sorgte.

AK8 Filmkamera

Dabei war die AK8 war für den Hobby-Filmer in der Anwendung deutlich günstiger als die ähnlich ausgestattete Admira 8E, weil sich der Film wesentlich einfacher einlegen ließ. Im Gegensatz zur Admira hatte die AK8 nämlich keine Zahntrommel. Es ist bei einer Filmkamera ja notwendig, die intermittierende Bewegung des Filmes im Bildfenster in eine kontinuierliche an der Aufwickelspule zu überführen. Dazu müssen bei 16 mm und Normalfilmkameras Vor- und Nachwickelrollen vorgesehen werden, die eine gleichbleibende Filmschleife gewährleisten. Da beim 8 mm Film allerdings nur eine Bildhöhe von 3,81 mm zu transportieren ist, kann man bei geschickter Auslegung des Schaltgetriebes auf diese Wickelrollen verzichten.

AK8 Transport Gummirolle

Bei der AK8 ist der Greifermechanismus so  ausgelegt, daß er das Abrollen von der Vorratsspule mit übernimmt. Als Ersatz für die Nachwickelrolle ist hinter dem Filmfenster eine Gummiwalze angebracht, die dafür sorgt, daß das Aufwickeln nur während des Bildtransports stattfinden kann. Oder andersherum gesagt: Der Filmzug vonseiten der Aufwickelspule und die Friktion innerhalb des Bildfensters sind so aufeinander abgestimmt, daß in Verbindung mit der Gummiwalze das Filmmaterial während der Belichtung im Bildfenster still steht. Das setzt übrigens voraus, daß der Bandzug richtig eingestellt ist und die Gummirolle sauber ist. Ist das gewährleistet, dann bietet die AK8 trotz der simplen Konstruktion ein sehr bildstabiles Laufwerk, das wesentlich kompakter konstruiert werden konnte, als bei vielen anderen Schmalfilmkameras jener Zeit, die mit einer zentralen Zahntrommel oder gar getrennten Vor- und Nachwickelrollen arbeiteten. Also genau richtig für eine ausgesprochene Amateurkamera. Zwar gab es schon seit den 30er Jahren Schmalfilmkameras ohne Wickelrollen (wie zum Beispiel die Filmo von Bell & Howell), aber bei denen konnte es bei Temperaturschwankungen oder unterschiedlichen Gleiteigenschaften des Filmes manchmal zu springenden Bildern kommen. Bei der AK8 ist das bei sauberer Gummirolle praktisch ausgeschlossen, sodaß dieses Transportsystem später von vielen Herstellern in diesem Marktsegment übernommen wurde. Sogar die beinah professionelle Pentaflex 8 hat solche Gummiwalzen in ihren Wechselkassetten.

AK8 Greifersystem

Ein zweites Merkmal des simpel gehaltenen Laufwerks der AK8 war der Schieberverschluß anstelle des üblichen Rotationsverschlusses. Auch hier lagen die Vorteile auf konstruktiver Seite – die etwas andersartige kinematographische Wirkung dieser Verschlußbauweise spielte für den Bereich des Amateurfilms keine Rolle. Statt eines aufwendigen Getriebes für den Antrieb des Umlaufverschlusses war hier nur eine zusätzliche Kurbel zur Ansteuerung des Schiebers nötig, die gleich an die Kurbelwelle des D-Greifers mit angeflanscht werden konnte. Auf komplizierte Kegelrädergetriebe zum Antrieb des Umlaufverschlusses und eine (auch unwuchtbedingte) Kugellagerung (wie bei den sowjetischen Schmalfilmkameras der Quarz-Reihe) konnte daher verzichtet werden. Dieses von Zeiss Ikon entwickelte Laufwerk wurde von 1954 an fast anderthalb Jahrzehnte in großen Stückzahlen in den Kameras AK8 und Pentaka 8 verbaut.

DD7799 Kuhnert

Entwickelt wurde dieses Laufwerk ganz offenbar durch Rudolf Kuhnert, dem wohl wichtigsten Konstrukteur im Bereich Kinotechnik bei Zeiss Ikon nach 1945. Das jedenfalls läßt ein Patent Nr. DD7799 vom 7. Juli 1953 vermuten, in dem sich Kuhnert den charakteristischen Laufartenwähler rund um den Auslöser schützen ließ, der DDR-Schmalfilmkameras fortan auszeichnete. Kuhnert hatte zuvor die AK16 entwickelt.

Jena Triotar 2,8/10mm

Die Amateurkamera AK8 (intern auch "Handkamera HK8") blieb später, als die besser ausgestattete Pentaka 8 auf den Markt gekommen war, die einfachste Ausführung dieser Reihe. Sie wurde überwiegend mit einem von Zeiss Jena im Januar 1952 gerechneten Triotar 2,8/10 mm ausgestattet. Dieses Objektiv hatte keinen Schneckengang. Es wurde in der Kamera fest verbaut und auf eine mittelnahe Entfernung justiert. Durch die große Schärfentiefe der kurzen Brennweite und das begrenzte Auflösungsvermögen des Filmmateriales konnte auf eine Fokussierung verzichtet werden, was der Eigenschaft einer reinen Amateurkamera wieder sehr zugute kam. Auch gegenüber der ansonsten üblichen 12,5 mm als Normalbrennweite waren die 10 mm dieser Kamera in dieser Hinsicht günstig.

AK8 VEB Kamera- und Kinowerke

Über dieses Triotar 2,8/10 mm lassen sich auch sehr gut Rückschlüsse über den gesamten Werdegang der AK8 ziehen. Aus der archivalischen Überlieferung der Zeiss-Objektivproduktion kann man ableiten, daß die Herstellung der AK8 zu Jahresbeginn 1954 anlief und sogleich große Stückzahlen von Objektiv und Kamera gefertigt wurden. Nach Thiele wurden zwischen Jahresbeginn und Herbst 1954 knapp 50.000 Triotare 2,8/10 mm hergestellt. Man darf daher davon ausgehen, daß der kleine DDR-Markt binnen kurzer Zeit regelrecht mit der AK8 überschwemmt wurde. Dann folgten vier Jahre, indem keinerlei Triotare 2,8/10 mm gefertigt wurden. Erst im Frühjahr 1958 wurde die Produktion wieder aufgenommen und bis zum Spätsommer des Jahres mit über 27.000 Stück erneut eine Großserie initiiert. Aus dem letzten Produktionslos stammt auch das oben zu sehende, für den Export zum "Tr. 1:2,8 f = 10 mm" verstümmelte Objektiv einer späten, äußerlich überarbeiteten AK8. Diese war zur Leipziger Frühjahrsmesse 1957 herausgebracht worden [Vgl. Fotografie 6/1957, S. 182.]. Das Triotar wurde zwar in geringen Stückzahlen noch bis 1965 gefertigt, doch explizit für die AK8 läßt sich eine letzte Serie von lediglich 250 Stück allein für Oktober 1960 nachweisen. Es ergibt sich demnach folgendes bemerkenswertes Bild: Von der AK mit Triotar wurden reichlich 77.000 Stück hergestellt und die Objektive wurden dabei allein im Verlauf zweier Jahre bereitgestellt; nämlich 1954 und 1958.

AK8 Trioplan

An dieser Stelle muß allerdings erwähnt werden, daß das Zeiss Triotar nicht das einzige Objektiv für diese Kamera gewesen ist. In Prospekten wurde die AK8 wahlweise auch mit dem Meyer Trioplan 2,8/10 mm angekündigt. Allerdings wurde sie mit diesem Görlitzer Objektiv tatsächlich in wesentlich geringerem Ausmaße ausgestattet, sodaß diese Variante heute kaum noch vorkommt und wahrscheinlich zahlenmäßig nur einen Bruchteil der Gesamtauflage ausgemacht hat [Bild oben: Bücherkönig.]. Im Gegensatz zum Triotar läßt sich dieses Trioplan bis auf 1:16 abblenden.


Später wurde von Meyer Görlitz aber in größeren Stückzahlen ein brennweitenverlängerndes Fernrohr „Tevo 2x“ geliefert, das sowohl für das Trioplan als auch für das Triotar verwendbar war (bei letzterem war meist ein kleiner Verlängerungsring für das Filtergewinde nötig). Der kleine Vorsatz kostete trotz Einsatz hochbrechender Gläser lediglich 62 Mark und 50 Pfennige. Die AK8 selbst war mit 215,- Mark (ab März 1960) gerade noch im Budget des Amateurs. Sie lag auf dem preislichen Niveau einer Altix n mit Tessar. Vor der großen Preissenkung des Jahres 1960 mußte man noch 288,- Mark auf den Tisch legen. Das war in den 50er Jahren sehr viel Geld. Aber das Schmalfilmhobby war halt nie ein billiges.

Meyer-Optik Texo 2x

Als letzte Neuerscheinung des VEB Kinowerke Dresden, wie die Laufbild-Sparte des zerschlagenen VEB Zeiss Ikon nun hieß, muß wohl der ABEFOT angesehen werden. Er war noch auf der Herbstmesse 1958 [Vgl. Bild & Ton Heft 9/1958, S. 226.] vorgestellt worden, kurz bevor er wenige Wochen später die verbliebenen Teilbetriebe in dem neuen Großbetrieb VEB Kamera- und Kinowerke aufgingen. Wirklich lieferbar war der Abefot aber erst zum Ende der Produktionszeit der AK8 und er wurde daher von vielen Besitzern dieser Kamera erst nachträglich dazugekauft. Er kostete 99,50 Mark. Bei diesem Abefot handelte sich um einen Belichtungsmesservorsatz, der mit der Blendenverstellung der Kamera kuppelbar war und daher eine Nachführmessung erlaubte, die anhand einer Sucheranzeige abgeglichen werden konnte, was die Nutzung dieses Belichtungsmessers sehr praktisch gestaltete. Um ihn zu befestigen, war an der Unterseite der Kamerafront ein Einschraubgewinde nötig, das bei späten AK8-Kameras bereits serienmäßig vorhanden war, bei vielen älteren Kameras aber erst im Nachhinein durch den Service ergänzt wurde.

Abefot AK8

Dieser Abefot wurde (zumindest in mechanischer Hinsicht) von Wolfgang Planert geschaffen, der in der Folgezeit für den VEB Zeiss Ikon noch die spätere Pentaflex 8 entwickelte. Im diesbezüglichen Bundespatent Nr. 1.044.607 vom 15. Juni 1956 geht es hauptsächlich darum, wie dieser Belichtungsmesservorsatz mit dem Blendenring der AK8 gekuppelt werden könne.

DE1044607 Abbefot Planert
Abefot AK8
AK8 Werbung

Diese Werbeannonce zur AK erschien im Dezemberheft der "Bild und Ton" des Jahres 1958. Mit Beginn des darauffolgenden Monats wurde der VEB Kinowerke, der als Laufbildsektor des VEB Zeiss Ikon übriggeblieben war, mit den Kamerawerken Niedersedlitz zu den Kamera- und Kinowerken (KKW) Dresden zusammengelegt. Ein paar Jahre später  wechselte man zum etwas griffigeren Markennamen "Pentacon" (von "Pentaprisma Contax"). Die Formierung des VEB Kamera- und Kinowerke zum 1. Januar 1959 muß daher als endgültige Auflösung der 1926 etablierten Zeiss Ikon Aktiengesellschaft Dresden angesehen werden.

Oben einmal der direkte Vergleich des älteren Modells der AK8 mit dem äußerlich modernisierten. Diese beiden Varianten korrespondieren ebenso wie die Objektive mit den beiden Jahren 1954 und 1958. Die Befestigungsbuchse für den Belichtungsmesservorsatz "Abefot" war bei der rechten Version bereits serienmäßig vorhanden, links ist sie wie bei vielen Exemplaren nachträglich ergänzt worden.



Die unten gezeigte AK8 habe ich für meinen Freund Patrick Müller einmal auf Doppel-Super 8 umgebaut, das eine etwa um die Hälfte gößere Bildfläche zu bieten hat. Das hochwertige Jena Triotar 2,8/10 mm leuchtet auch dieses Forma randscharf aus.

Im Sommer 2020 habe ich mal mit einem Exemplar dieser urigen Kamera eine Rolle Doppelachtfilm verdreht. Selbst entwickelt, mit selbstgebautem Gerät digitalisiert. Die Handhabung der Kamera macht wirklich Spaß. Durch die Fixfokuseinstellung braucht man nichts weiter beachten. Nur die Belichtung sollte man vor dem Auslösen messen. Die Leistung des einfachen Triotar 2,8/10 mm ist übrigens ganz erstaunlich. Die Stelle, wo die Rahnsdorf-Woltersdorfer Straßenbahn einfährt ist bei offener Blende gedreht.

2. Die Pentaka 8

Pentaka 8B

Für etwas höhere Ansprüche wurde ab 1956 die Pentaka 8 ausgeliefert (340,- Mark nach 1960). Sie basierte auf demselben Laufwerk, nur waren bei ihr die Bildfrequenzen zwischen 8 und 48 Bilder je Sekunde wählbar. Zweites wichtiges Unterscheidungsmerkmal waren die Wechselobjektive per Bajonettanschluß. Neben dem Normalobjektiv Biotar 2/12,5 mm waren noch ein Biotar 2/25 mm und ein Sonnar 2,8/40 mm lieferbar. Ab 1959 kam ein Flektogon 2/5,5 mm hinzu, das ein Abkömmling der Superweitwinkel-Retrofokusobjektive gewesen ist, an denen Wolf Dannberg zu jener Zeit arbeitete. Es wurde im Juli 1958 gerechnet und ist dem Flektogon 4/25 mm im Grundaufbau sehr ähnlich.

Werbung Flektogon 2/5,5mm
Pentaka 8 Bajonettanschluß
Pentaka 8 Objektive

Der Kunststoffring, den man vor dem Objektivsatz zur Pentaka 8 sehen kann, gehört zum Belichtungsmesseraufsatz Pentafot. Es handelte sich dabei um eine Weiterentwicklung des zur AK8 gelieferten Belichtungsmessers „Abefot“, der mit dem Blendenring des Triotars gekuppelt werden konnte und die AK8 damit zum Halbautomaten machte. Nach grundsätzlich dem gleichen Prinzip arbeitete auch der Pentafot. Bei ihm bestand allerdings die Schwierigkeit darin, daß das Meßwerk nun mit den Wechselobjektiven gekuppelt werden mußte. Dazu wurde auf dem Blendenring der gezeigte Kunststoffring befestigt, der als Kurvenscheibe diente und vom Meßrad des Belichtungsmessers abgetastet wurde. Die genaue Stellung dieser Kurvenscheibe auf dem Blendenring und die Position des Belichtungsmessers auf dem Kameragehäuse mußten einmalig exakt abgeglichen werden, dann erfolgte die Weitergabe des Blendenwerts an das Meßgerät einigermaßen präzise. Mag sein daß mancher Schmalfilmamateur mit dieser Aufgabe überfordert gewesen ist. Bei der von Grund auf neu geschaffenen Pentaflex 8 wurde daher die Blendenmechanik von vornherein so ausgelegt, daß sie mit dem Kameragehäuse gekuppelt war und von dort aus betätigt wurde. Damit war bei der Pentaflex der Belichtungsmesser – der ansonsten nach derselben halbautomatischen Methode arbeitete – auch mit der Bildfrequenzverstellung gekuppelt. Das konnte der Pentafot an der Pentaka freilich nicht leisten.

Pentaka mit Pentafot

Natürlich waren die gekuppelten Belichtungsmesser Abefot und Pentafot trotzdem eine große Erleichterung für den Amateurfilmer, denn anders als bei der Stehbildphotographie, wo die Belichtung in Ruhe vor der Auslösung eingestellt werden kann, muß bei der Filmkamera die Belichtung stets kontinuierlich den wechselnden Lichtverhältnissen angepaßt werden – also auch während des Filmens, wenn sich die Lichtsituation plötzlich ändert. Dazu ist bei der Halbautomatik lediglich eine im Sucherfenster angezeigte Meßnadel gegenüber einer (von der Filmempfindlichkeit und der Bildfrequenz abhängigen) Festmarke nachzuführen. Trotz dieser Vereinfachung lenkten aber nach wie vor das Beobachten der Meßnadel und das manuelle Drehen des Blendenringes gehörig von der Konzentration auf das Motiv ab. Daher wurde in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre im VEB Kinowerke Dresden intensiv an einer Schmalfilmkamera mit Belichtungsvollautomatik gearbeitet.

CH363886 Pentaka Pentafot

Die Weiterentwicklung des Belichtungsmesservorsatzes Abefot hin zum Pentafot wurde federführend durch Herbert Göpfert vorgenommen und sie ist durch die Schweizer Patente Nr. 363.559 vom 17. Januar 1958 und vor allem Nr. 363.886 vom 22. August 1958 (oben) überliefert (da entsprechende bundesrepublikanische Anmeldungen offensichtlich nie erteilt wurden).

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3. Die Pentaka 8-I automatic

Pentaka Automatic

Die oben angesprochenen Belichtungsmesservorsätze Abefot und Pentafot erleichterten die Arbeit für den Schmalfilm-Amateur bereits beträchtlich, da sie das Belichtungsmessen während des Filmens ermöglichten. Anders als bei der Stillbildphotographie genügt es beim Laufbild oftmals nicht, nur VOR der Aufnahme das Licht zu messen, weil sich während die Kamera läuft oft die Lichtverhältnisse bzw. das Motiv ändert. Die Belichtung muß dann durch Verstellen der Blende nachgeregelt werden. Bei den Halbautomaten mußte dieser Vorgang während des Filmens von Hand durchgeführt werden, indem die Zeiger im Sucher wieder zur Deckung gebracht wurden.

Pentaka 8-I automatic
Pentaka 8-I automatic

Die Idee einer Belichtungsvollautomatik lag nun darin, den Blendenmechanismus direkt vom Meßwerk antreiben zu lassen. Das klingt aber einfacher, als es technisch umsetzbar ist. Das Problem ist schlicht und einfach, daß die Selenzelle selbst bei stärkerer Belichtung nur einige Mikrowatt an elektrischer Leistung abgeben kann. Die Betätigung der Blende muß demnach extrem leichtgängig sein. Gleichzeitig muß die gesamte Mechanik aber robust genug ausgeführt werden, damit sie für eine tragbare Kamera geeignet ist. Für den VEB Zeiss Ikon bzw. die Kamera- und Kinowerke hat Erich Hahn (oftmals zusammen mit seinem Bruder Werner Hahn) maßgebliche Entwicklungsarbeit zu Belichtungsmeß- und Steuereinrichtungen geleistet. Vom 30. Oktober 1958 liegt eine Schutzrechtanmeldung vor [Nr. DD21.605], die man als Grundpatent der Belichtungsautomatik der „Pentaka 8-I automatic“ bezeichnen könnte. Es gab dabei mehrere konstruktive Probleme gleichzeitig zu lösen. Zwar waren bis dahin schon solche automatischen Blendenantriebe bekannt geworden, diese waren aber zu schwergängig ausgelegt, sodaß das Meßwerk viel zu unempfindlich geriet. Die Pentaka 8-I steuert die Blende auch bei schlechtem Licht noch zuverlässig. Dazu war eine sehr leichtgängige Lagerung aller bewegten Teile vonnöten. Das zweite wichtige Problem, an dem Erich Hahn schon seit mehreren Jahren arbeitete und eine großen Zahl Patentanmeldungen vorzuweisen hatte, war die Linearisierung des gesamten Belichtungssystems. Weder ist die Stromabgabe eines Photoelementes über mehrere Belichtungsstufen hinweg linear zur Beleuchtungsstärke, noch ist die Skalencharakteristik eines Kernmagnetmeßwerks linear (und leider auch nicht logarithmisch), sodaß die Übertragungskurve mechanisch so beeinflußbar sein muß, daß sich bei einer Verdoppelung der Beleuchtungsstärke die Blende um genau eine Stufe schließt und umgekehrt. Als drittes Problem hat Hahn seine Blendensteuerung so konstruiert, daß sich bei einer Abstimmung des Meßwerks an die Selenzelle während des Montageprozesses der Kamera eine zuvor erfolgte Zentrierung der beiden Blendenflügel zur optischen Achse nicht dejustiert wird. Die Blendenöffnung muß eben unbedingt genau in der Mitte der Objektivöffnung sitzen.

Pentaka Belichtungsautomatik

Die zweite Eigenschaft, die die Belichtungsautomatik der Pentaka 8-I kennzeichnet ist die Art und Weise, wie diese außer Kraft gesetzt werden kann. Bei bestimmten Situationen kann es nämlich vorteilhaft sein, die Blende von Hand einzustellen. Bei den bisherigen Lösungen einer Blendenautomatik war das nicht möglich bzw. die Anzeige des Blendenwertes ging verloren. Die Pentaka 8-I zeigt nämlich den von der Automatik gewählten Blendenwert im Sucher an. Erich Hahn hatte nun einen Mechanismus erfunden, der eine manuelle Wahl des Blendenwertes ermöglicht, ohne daß diese Sucheranzeige verloren geht [Patent Nr. DD27.075 vom 15. Juli 1959].

Belichtungsanzeige Pentaka automatic

Mit dieser Belichtungssteuerung mußte das Herstellerwerk nun auch fertigungstechnisch Neuland betreten. Der Entwicklungsleiter Schmalfilm des VEB Pentacon Dresden, Werner Hahn, schrieb dazu: "Die neue Belichtungsvollautomatik ist die erste Baugruppe dieser Art, die in unserem Betrieb gefertigt wird. Es werden dazu modernste Bauelemente wie gedruckte Leiterplatten mit gedrucktem Schalter und Stellwiderstände verwendet, die eine moderne und rationelle Technologie gestatten. Trotz der wesentlichen Vereinfachungen sind besondere Maßnahmen in der Fertigung erforderlich. Erstmalig erfolgt die Montage der Belichtungsautomatik in Montagekabinen, die weitgehendste Staubfreiheit sicherzustellen [sic!]. Die Art dieser Montage ist neu und ungewohnt, so daß Erfahrungen des technischen Ablaufs und der erzielbaren Qualitätsverbesserung noch gesammelt werden müssen." [aus: Fotofalter, Heft 10/1965, S. 311.]

Pentaka 8-I

Wie man an dem Bild oben sieht, beschränken sich die Bedienungselemente an der Pentaka 8-I automatic auf den Einstellknopf für die Filmempfindlichkeit und auf ein Einstellrad für manuelle und automatische Belichtung. Wird dieses aus dem Automatikbereich hinausgedreht, dann kuppelt die Blendenverstellung ein und man kann mit den Rädchen direkt den im Sucher angezeigten Blendenwert anwählen, um manuell zu belichten.

Pentaka 8-I

In der sonstigen Ausstattung ist die Pentaka 8-I automatic eher einfach gehalten und erinnert an die AK8. Sie hat eine feste Bildfrequenz von 16 B/s und muß angesichts der Automatikblende auch auf Wechselobjektive verzichten. Es ist das Flektogon 2/12,5 mm eingebaut, das schon bei der Pentaflex 8 genutzt wurde. Selbiges sitzt übrigens in einer sog. Fixfokusfassung, d.h. es wurde auf eine Entfernungseinstellung verzichtet. Ich halte das nicht für nachteilig. Schon bei offener Blende reicht die Schärfentiefe von drei Meter bis unendlich und wächst beim Abblenden schnell an. So ist es eher als Vorteil zu sehen, wenn der Filmamateur vom Scharfstellen entlastet wird. Viel viel wertvoller als Wechselobjektive ist für ihn die Belichtungsvollautomatik, bei der er nur noch „draufhalten“ muß und von jeglicher technischer Belastung befreit wird. So ist das Filmen mit der Pentaka automatic eine echte Freude. Schwenkt man beispielsweise vom Schatten in die Sonne, dann schließt sich sanft die Blende und man kann sich voll und ganz auf die Verfolgung des Motivs konzentrieren. Und wer doch mal manuell belichten will, der kann die Belichtungssteuerung wie gesagt auch abschalten.

Leider war diese wunderbare Amateur-Kamera nicht mehr erfolgreich. Sie wurde ab 1964 (bis etwa 1967) in lediglich 13.000 Exemplaren gefertigt – das kann man anhand der Produktionsziffern des Flektogons 2/12,5 mm abschätzen. Diese Erfolglosigkeit liegt zum einen daran, daß mit Einführung des Superacht-Filmes Kameras auf Basis des alten Doppelacht-Materials schlagartig unverkäuflich wurden – offenbar selbst innerhalb des Ostblocks, wo die Sowjetunion bald den Doppelsuperachtfilm als neuen Standard etablierte und später auch auf die Kodak-Kassette umschwenkte. Eine Schmalfilmkamera mit einer solch ausgeklügelten Belichtungsautomatik wie die Pentaka automatic sollte es aber bis zum Erscheinen der Lomo 200er Serie fast 20 Jahre lang nicht mehr geben.


Außerdem setzte sich nach 1965 eine Spezialisierung innerhalb des Rates für Gegenseitige Wirtschaftshilfe durch, nach der nun Schmalfilmgeräte  nur noch in der Tschechoslowakei und der UdSSR gefertigt werden sollten. Damit endete nach sechs Jahrzehnten der Bau von Filmkameras am traditionsreichen Dresdner Kamerastandort, der dereinst von Heinrich Ernemann begründet worden war.

Kurzer Testfilm mit der Pentaka automatic, der erwiesen hat, daß die Belichtungsautomatik sehr zuverlässig arbeitet und man sich um diesen Aspekt nicht kümmern muß. Nur eine Sache stört: Die beim 8mm-Film lange Zeit üblich gewesene Brennweite von 12,5 mm ist in der Praxis viel zu lang. Schließlich ist das der doppelte Wert der Bilddiagonale! Das ist in etwa so, als würde man mit einer Kleinbildkamera alles nur mit einer 90mm-Brennweite photographieren. Das Augenmerk bei dem hier eingesetzte Flektogon 2/12,5 mm lag ja nicht darin, einen großen Bildwinkel zu erzielen, sondern eine ausreichend lange Schnittweite, um die Blendenautomatik verwirklichen zu können.

Marco Kröger


letzte Änderung: 4. Januar 2024