Mimosa

Die Mimosa

Sie zählt zweifellos zu den rätselhaftesten und geheimnisvollsten Kameras, die uns die Photogerätehersteller zwischen Werra, Elbe und Neiße heute als Relikt hinterlassen haben.

Mimosa II

1. Die Herkunft der Mimosa

Das liegt daran, daß die "Mimosa" bereits im Frühjahr 1948 herausgebracht wurde, zu einer Zeit also, da noch keiner der namhaften deutschen Photobetriebe mit irgendeiner Neukonstruktion am Markt erschienen war. Drei Jahre nach dem Kriegsende waren viele der Hersteller eher noch mit dem Wiederaufbau ihrer Gebäude- und Maschineninfrastrukur beschäftigt. Bis zur Jahresmitte wurde dafür noch mit der wertlos gewordenen Reichsmark bezahlt. Deshalb dominierte der Austausch mit Naturalien und die berüchtigten Schmuggelgeschäfte über die Zonengrenzen hinweg jene Ära. Und offenbar genau zu dieser Zeit wurde in Dresden eine komplett neue Kamera entwickelt – also keine mehr oder weniger modernisierte Variation eines bereits aus der Zwischenkriegszeit bekannten Produkts, sondern etwas völlig Eigenständiges. Noch verwunderlicher ist dabei, daß sie unter dem Markenzeichen eines Herstellers für photographische Platten, Filme und Photopapiere erschien, der sich bislang in keinerlei Beziehung als Kamerahersteller hervorgetan hatte. 

Mimosa I Stelo

Sehr frühe Mimosa I mit der Kameranummer 124 aus dem Jahre 1948 - ausgestattet mit dem einfachen Automatverschluß "Stelo"  der Gebrüder Werner aus Tharandt. Bild: Stefan Lange In der Literatur wird als verantwortlicher Konstrukteur ein gewisser Robert Graichen genannt, über den aber jegliche weitere Angaben fehlen. In auf Phototechnik bezogenen Schutzschriften findet sich hingegen ein Georg Graichen, der für sein Präzisa-Werk in Spangenberg im Jahre 1951 einen photographischen Entfernungsmesser zum Patent anmeldete [DEG7162 10. Oktober 1951].




Unten: Mimosa-Filmschachteln aus den 30er Jahren. Die Mimosa AG zählte unter den damals noch außerordentlich zahlreichen photochemischen Werken in Deutschland, die neben Photopapieren auch Photoplatten, Filmpacks und Rollfilme fabrizierten, zweifellos zu den bedeutendsten. Konkurrenten wie Eisenberger, Hauff, Herzog, Schleussner, Perutz, Kranseder oder gar Westendorp & Wehner sind dabei heute fast völlig vergessen.

Mimosa Filme

Für die Aufnahme der Kameraproduktion in diesem Werk wird eine später als völlige Fehlleitung hingestellte, eigenmächtige Entscheidung der Mimosa-Geschäftsleitung des Jahres 1947 verantwortlich gemacht [Vgl. Humann, Helmut: Der VEB Mimosa; in: Kammer der Technik (Hrsg.): Zur technisch-industriellen Entwicklung Dresdens, 1956, S. 23-28.]. Die in zeitgenössischen Veröffentlichungen als Zeichen für den Neuanfang der Dresdner Kamerabauindustrie zunächst positive Bewertung der Mimosa-Kamera wurde im Nachhinein offiziell ins Negative verkehrt. Neben den tatsächlichen Qualitätsproblemen, die es mit dieser Neuentwicklung anfänglich gab, trug dazu sicherlich auch bei, daß sich diese Geschäftsleitung dann in den Jahren 1950/51 "nach dem Westen absetzte" [Ebenda, S. 26.], was eine zwangsläufige pauschale Diffamierung als "Republikflüchtlinge" nach sich zog. Eine objektive Beurteilung der damaligen Vorgänge darf daher von der DDR-Geschichtsschreibung nicht erwartet werden.

Mimosa-Reklame 1950/51

Die zentrale Frage, die sich einem heutigen Beobachter stellt, liegt nun darin, weshalb in einer Region mit einer derart hohen Dichte an Kameraherstellern ausgerechnet eine Filmfabrik anfing, Photoapparate vollständig neu zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Ein Teil der Erklärung mag darin liegen, daß durch die flächendeckende Zerstörung der Stadt Dresden für eine kurze Zeit die Konkurrenz fast vollständig ausgeschaltet war. Gleichzeitig suchten garantiert Facharbeiter, die zuvor in diesen Kamerabetrieben gearbeitet hatten, nach Beschäftigung. Nur durch diese Koinzidenz ließe sich schließlich erklären, weshalb im Mimosa-Werk eine vergleichsweise modern aufgebaute Kamera und vor allem ihr Zentralverschluß in auffällig kurzer Zeit von Grund auf neu entwickelt und anschließend auch fabriziert werden konnten. Diese Leistung wäre mit dem reinen Mitarbeiterstamm eines Photopapierwerkes nur schwer erklärbar.

Mimosa 1948

Dementsprechend überrascht zeigte sich die Fachwelt, als die Mimosa AG ihre neue Kleinbildkamera auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1948 zum ersten Mal präsentierte [Vgl. Die Fotografie, Heft 2/1948, S. 48.]. Und bis heute ist ein gewisses Maß an Verwunderung erhalten geblieben. Es drängt sich doch die Frage auf, woher die Spezialwerkzeuge und der Maschinenpark kamen, die für die Herstellung einer solchen Kamera benötigt wurden – zumal in einer Zeit, als die einschlägigen metallverarbeitenden Betriebe gerade im großen Stile demontiert worden waren. Auch ist nur schwer vorstellbar, daß ein Mitarbeiterstamm, der zuvor unter Dunkelraumverhältnissen Film- und Papierunterlagen mit Emulsion begossen hat, nun auf einmal Metalle bearbeitet und Zentralverschlüsse zusammensetzt.  Eine logische Erklärung könnte darin liegen, daß hierfür gezielt Produktionsmittel und versprengte Arbeitskräfte aus der brachliegenden Dresdner Kameraindustrie in den wenig zerstörten [Vgl. Humann, Entwicklung Dresdens, 1956, S. 25.] Fabrikgebäuden der Mimosa AG  zusammengezogen wurden. Und daß dabei Zeiss Ikon die zentrale Rolle gespielt haben muß, läßt sich daraus schlußfolgern, weil die Mimosa-Kamera zwei Jahre später unvermittelt zu einem offiziellen Produkt dieses Betriebes erklärt werden wird [Vgl. Blumtritt, Dresdner Fotoindustrie, 2000, S. 156.].

Zeiss Ikon 1945

Wenn man sich mit den Hintergründen zu dieser Mimosa beschäftigt, muß man in die Betrachtung einbeziehen, in welcher Lage sich die Zeiss Ikon AG unmittelbar nach dem Ende des zweiten Weltkrieges befand. Diese Aufnahmen aus dem Ernemannbau zeigen, daß dieses Gebäude zwar strukturell unversehrt geblieben war, doch aufgrund der Wirkung von Detonationen und Bränden völlig unbenutzbar gewesen ist. Dasselbe galt für das benachbarte Ica-Gebäude. An Kamerabau war hier nicht zu denken. Bild: Höhne/Pohl, Deutsche Fotothek, Datensatz 70600289. Eine weitere These, die sich allerdings kaum wird beweisen lassen, geht in die Richtung, daß man unter dem Dach der Mimosa AG unversehrte Maschinen und Rohmaterialien der Zeiss Ikon AG vor der drohenden Beschlagnahme durch die Besatzungsmacht "in Sicherheit gebracht hat".

Zeiss Ikon 1945

Um zu verstehen, weshalb überhaupt eine solche verdeckte Verknüpfung mit der Zeiss Ikon AG infrage kommt, muß man sich vor Augen führen, daß sich in der Zeit um 1947/48 die gesamte Marke "Zeiss Ikon" gewissermaßen in einem Schwebezustand befand. Rein rechtlich gesehen existierte immer noch eine einzige Zeiss Ikon AG, die sich auf ihre drei Haupt-Produktionsstandorte in Dresden, Stuttgart und Berlin  aufteilte. Die Fragen um den Sitz der Aktiengesellschaft, die Verfügungsgewalt über das Vermögen und Immobilien sowie die Namensrechte waren dagegen völlig ungeklärt und nur ein Spielball der jeweiligen Interpretationen beider Seiten [Vgl. dazu auch Blumtritt, Dresdner Fotoindustrie, 2000, S. 108 bis 124]. Daran hatte auch die einseitige Beschlagnahme des Dresdner Betriebsvermögens durch die sowjetischen Besatzungsmacht im Oktober 1945 nichts geändert. Die festgefahrene Situation kam erst in Bewegung, als am 3. März 1948 der in Stuttgart tagende Aufsichtsrat der Zeiss Ikon AG die Verlegung des Gesellschaftssitzes von Dresden nach Stuttgart beschloß [Vgl. ebd. S. 122]. Daraufhin sah sich die Sowjetische Militäradministration genötigt, ihrerseits die Enteignung der Zeiss Ikon AG zum 17. April 1948 zu bestätigen. Mit diesen beiden Aktionen existierten nun fast drei Jahre nach Kriegsende auf einmal zwei Zeiss-Ikon-Firmen, die sich in den nächsten zehn Jahren erbittert vor westdeutschen Gerichten um die Verfügungsgewalt über den Firmennamen und die Markenrechte streiten sollten, bis die DDR-Seite schließlich mit Wirkung vom 17. März 1958 aufgab und die Bezeichnung "VEB Zeiss Ikon" vollständig aus dem DDR-Photo- und Kinogerätebau tilgte [Vgl. Jehmlich, Pentacon, 2009, S. 60.].

Mimosa Dresden Bärensteiner Straße Ecke Hepkestraße

Das stattliche Gebäude-Ensemble des Mimosa-Werkes auf einer Luftaufnahme aus der ersten Hälfte der 1950er Jahre. Man kann nur vermuten, daß in diesem, eher von Wohngebäuden und Kleingärten geprägten Areal, die Zerstörungen durch die Luftangriffe vom Februar 1945 geringer ausgefallen waren. [Aus: Humann, Helmut: Der VEB Mimosa; in: Kammer der Technik (Hrsg.): Zur technisch-industriellen Entwicklung Dresdens, 1956, S. 24].


Unten: Eine weitere Ansicht des Hauptgebäudes aus einer unbekannten Zeit von einem unbekannten Photographen [Bild: Deutsche Fotothek, Datensatz 70016450]. Im Hinblick auf  die Entwicklung des Baumbewuchses kann die Aufnahme freilich kaum wesentlich später erfolgt sein. Die Errichtung dieses repräsentativen Erweiterungsbaues in den 1920er Jahren hatte übrigens zur Folge, daß in den Quellen bei der Angabe der Postanschrift der Firma Mimosa neben der Bärensteiner Straße 31 nunmehr auch die Hepkestraße 115 vorkommt. Heute befindet sich auf dem völlig geräumten Areal eine Sportstätte.

Mimosa AG Dresden

Angesichts dieser Lage bei der Zeiss Ikon AG könnte man den Hintergrund dieser neukonstruierten Kleinbildkamera also auch dahingehend interpretieren, daß  zu ihrer Herstellung zwar auf Potential von Zeiss Ikon zurückgegriffen, die Kamera aber ganz bewußt nicht unter dem ungeklärten Zeiss-Ikon-Label herausgebracht wurde, sondern sicherheitshalber unter dem unverdächtigen Dach einer im Kamerabau bislang nicht in Erscheinung getretenen Filmfabrik. Und das mit dem Dach wäre ganz wörtlich zu nehmen, denn die Fabrikräume an der Ecke Bärensteiner Straße/Hepkestraße hätten dann lediglich als bloße Fertigungsstätte für die Mimosa gedient. Angesichts ungeklärter Markenrechte und der ständig drohenden Gefahr, daß die Zeiss Ikon AG genau wie zuvor die Zeiss-Stiftung ihren Sitz irgendwann in die westlichen Besatzungszonen verlegen könnte, wäre eine solche Vorsichtsmaßnahme durchaus nachvollziehbar. Um so bezeichnender ist der Zufall, daß genau diese Verlegung des Zeiss-Ikon-Sitzes nach Stuttgart dann just in derselben Woche erfolgte, in der die Mimosa auf der in Leipzig auf der Messe vorgestellt wurde.

CIA-RDP83-00415R013200080002-4 Zeiss Ikon Betriebsteile

Warum diese Verknüpfung von Mimosa und Zeiss Ikon AG mehr als nur eine aus der Luft gegriffene These ist, um den mysteriös erscheinenden Hintergrund dieser Kleinbildkamera plausibler zu machen, das wird auch durch die oben gezeigte Quelle bekräftigt. [CIA-RDP83-00415R013200080002-4. Dieser Geheimdienstbericht gibt ein internes Dokument des VEB Zeiss Ikon wieder. Welches Dokument das war und wann genau es ursprünglich verfaßt wurde, ist allerdings für uns aus Datenschutzgründen geschwärzt.]. Ihr zufolge bildete im Jahre 1952 eine Fertigungsstätte "Mimosa" den Betriebsteil Nummer 4 des VEB Zeiss Ikon. Das ist an sich nichts Neues, denn ein angemieteter Flügel des ehemaligen Mimosa-Werkes wurde später offiziell als Objekt 4 des VEB Pentacon Dresden geführt. Ab 1969 wurden hier Fließbänder zur Montage der Praktica LLC eingerichtet [Vgl. dazu u.a. Jehmlich, Pentacon, 2009, S. 56.]. Allerdings veranschlagt Jehmlich diese Anmietung der Mimosa-Räume erst mit dem Jahr 1956 [Vgl. ebenda, S. 113], was aber angesichts des obigen Dokumentes zeitlich viel früher verortet werden muß. Viel wichtiger als die Frage danach, wann genau diese Räume bereits von Zeiss Ikon genutzt wurden, ist aber die Angabe in diesem Bericht, daß dort neben der Mimosa II nun auch die Ercona und die Tenax von etwa 250 Arbeitskräften montiert worden seien. Diese beiden Kameras sind schließlich unbestreitbar Zeiss-Ikon-Erzeugnisse. Daraus kann man schlußfolgern, daß jene Räume in den Mimosa-Werken schon wesentlich früher von der Zeiss Ikon AG benutzt wurden. Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man sich vor Augen führt, daß die Zeiss Ikon AG in Dresden in den ersten Nachkriegsjahren quasi kaum noch eigene Fabrikationsräume zur Verfügung hatte. So waren sowohl der Hauptsitz der ehemaligen Ica AG in der Schandauer Straße 76 (vormals Hüttig), als auch große Teile des Ernemann-Werks (Schandauer Straße 48 bzw. Junghansstraße 1) zunächst durch andere Nutzer besetzt [Vgl. ebenda, S.56/57.].

Eine weitere Kardinalfrage zur Geschichte der Mimosa dreht sich auch darum, wie genau diese Kamera zu einem offiziellen Produkt des VEB Zeiss Ikon geworden ist. Bislang wurde für diesen nachträglichen Wechsel des Herstellers in der Literatur das Jahr 1950 angegeben [Vgl. Blumtritt, Dresdner Fotoindustrie, 2000, S. 156.], was etwa der Hälfte der gesamten Produktionszeit dieser Kamera entspräche. Wie der oben wiedergegebene Messebericht aus der Fachzeitschrift "Fotografie" [Heft 4/1951, S. 104] zeigt, kann auch diese Angabe nicht stimmen. Denn aus der Tatsache heraus, daß die Mimosa II mit Schneckangangeinstellung noch auf der Leipziger Frühjahrsmesse vom 4. bis 11. März 1951 eindeutig als Produkt des VEB Mimosa vorgestellt wurde, muß man schlußfolgern, daß jener Übergang von Mimosa zu Zeiss Ikon mindestens ein Jahr später stattgefunden hat. Zudem wurde der VEB Mimosa in diesem Messebericht explizit unter dem Dach der VVB Fotografie eingeordnet; also als Teil der vereinigten Film- und Photopapierhersteller der DDR. Daher ist auch die Annahme, die Umstellung der Kamera auf den Schneckengang, die ja einen ziemlich tiefen Eingriff in die bisherige Konstruktion erforderte, sei als sicheres Anzeichen für eine Konstruktionsübernahme durch den VEB Zeiss Ikon zu deuten, nicht mehr haltbar. Nach dem was der obige Messebericht suggeriert, muß man im Gegenteil sogar davon ausgehen, daß die Mimosa bis mindestens in das zweite Quartal 1951 hinein eine ganz und gar eigenständige Entwicklung jener Dresdner Emulsionsfabrik gewesen ist.

Mimosa Frühjahrsmesse 1951

Mimosa-Kameras in einer Vitrine auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1951. Auch ihre Zentralverschlüsse zeigte die Firma hier. Bild: Roger Rössing, Deutsche Fotothek, Datensatz 88883803.

Diese sich teils widersprechenden Angaben zeigen auf, weshalb die Mimosa eingangs als rätselhaft charakterisiert wurde. Ein Photopapierhersteller bringt eine völlig neukonstruierte Kleinbildkamera heraus – mit welchen Maschinen und Arbeitskräften auch immer – während gleichzeitig ein zerbombter, demontierter und anschließend von fremden Nutzern belegter Kamerahersteller nachweislich Räumlichkeiten in genau diesem Photopapierwerk anmietet, um hier die Fertigung von Vorkriegskameras zu rekonstruieren und wieder anlaufen zu lassen. Anschließend muß aber im Jahr 1951 etwas vorgefallen sein, weswegen das eigentlich völlig fachfremde Produkt dieses Werkes plötzlich in die Verantwortung des VEB Zeiss Ikon übergeben, dessen Herstellung jedoch trotzdem unter dem Namen des Mimosa-Werkes fortgeführt wird. In der zeitgenössischen Literatur wurde, wie oben bereits angesprochen, das Absetzen der Betriebsleitung in den Westen als Begründung dafür angegeben [Vgl. Humann, Entwicklung Dresdens, 1956, S. 26.], wobei es sich eigentlich nur um die Person von Dobschinsky gehandelt haben kann, was aber nicht genauer ausgeführt wird. Diese Begründung muß allerdings mit Vorsicht betrachtet werden, war es doch die in der DDR vor dem Mauerbau fast alltägliche Praxis, Mißstände und Fehlentwicklungen gezielt Republikflüchtlingen in die Schuhe zu schieben. Vergleichbares geschah fast zehn Jahre später beispielsweise auch im Zusammenhang mit dem geflüchteten Kamerakonstrukteur Klaus Hintze.

Mimosa I Compur

Frühe Mimosa I mit der Kameranummer 340 aus dem Jahre 1948 - ausgestattet mit dem damaligen Spitzenverschluß Compur Rapid und einem unvergüteten Trioplan. Bild: Stefan Lange

Nein, der eigentliche Grund scheint ganz wo anders gelegen zu haben. Vielmehr war es der VEB Zeiss Ikon, der in den Jahren 1950/51 in eine katastrophale Lage geraten war. Mit der Contax S hatte sich das einzig weltmarktfähige Produkt aus dem Stehbildsektor dieses Betriebes kurz nach Beginn ihrer Auslieferung als Fehlkonstruktion erwiesen und ihre Verschlußmechanik mußte mit großer Eile umkonstruiert werden, um die Kamera überhaupt noch ausliefern zu können. Man kann nur vermuten, wie infolge auch der finanziellen Auswirkungen dieser Rückschläge eine Diskussion um die damals ingesamt sehr bedenklichen Qualitätsprobleme innerhalb der Dresdner Kameraindustrie in Gang kam. Namentlich die Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit der damaligen Zentralverschlüsse war derart unzureichend, daß Dresdner Sucherkameras nur überhaupt dann exportfähig waren, wenn sie mit Westverschlüssen ausgerüstet wurden. Und neben dem Spannverschluß Ovus, den das kleine Balda-Werk als Nachbau eines älteren Compurs fabrizierte, betraf dies nicht zuletzt auch den Velax, der bei Mimosa entwickelt worden war. Bezeichnenderweise wird im Umfeld der Übernahme der Mimosa-Kamerafertigung um 1951/52 auch diese problematische Verschlußfertigung bei Balda und Mimosa in die Verantwortung des VEB Zeiss Ikon übergeben. Man versuchte nun offensichtlich, mit diesen Schritten endlich ein Minimum an Qualitätssicherung in die Konstruktion und die Fertigung hineinzubekommen.


Unter der Ägide des VEB Zeiss Ikon wird die Produktion der Mimosa allenfalls nur noch ein paar Monate fortgesetzt. Der Abverkauf mag allerdings noch deutlich länger gedauert haben, weshalb sich viele dieser späten Kameras mit Zeiss-Ikon-Bedienungsanleitungen erhalten haben. Das mag wohl auch an dem für Photoamateure viel zu hohen Preis der Kamera von 225,- Mark [Vgl. Blumtritt, Dresdner Fotoindustrie, 2000, S. 156.] gelegen haben. Auch übernimmt Zeiss Ikon den Kundendienst für die Mimosa, wie die oben gezeigte Veröffentlichung in der Fotografie im Januarheft 1955 auf Seite 26 beweist.

2. Die Zentralverschlüsse der Mimosa

Wie oben bereits angedeutet, dreht sich einer der Schlüsselaspekte zum Hintergrund der Mimosa um ihre Zentralverschlüsse. Dieser ziemlich ungewöhnliche Selbstspannverschluß mit Räderhemmwerk vom Typ "Velax", mit dem die absolute Mehrzahl dieser Kameras ausgerüstet sind, wurde bei Mimosa selbst entwickelt und gefertigt. Das ist gut belegt aufgrund überlieferter Archivalien, die sich nun ausgerechnet mit den Qualitätsproblemen dieses Verschlusses befassen. So hatte Carl Zeiss Jena sogar den Einsatz des weltberühmten Tessars in diesem Verschluß untersagt, weil die hohe Qualität des Objektives nicht mit den minderwertigen Leistungen des Velax zu vereinbaren wäre [Vgl. Tagung vom 15. 06. 1949; in: Thiele, Hartmut: Die Photoindustrie der SZ und DDR - 1945 bis 1959, 2013, S. 30ff.]. In einem Protokoll vom 29. Dezember 1949 ist auch belegt, daß sich Mitarbeiter von Zeiss sogar gezwungen sahen, sich selbst ein Bild von der Fertigung im Mimosa-Werk zu machen [Vgl. Ebenda, S.36].

Mimosa Velax

Ein Blick in den geöffneten Velax zeigt uns, daß es sich dabei um einen einfachen Automatverschluß mit lediglich zwei Verschlußsektoren handelt. Deutlich aufgewertet wird er allerdings durch das rudimentäre Räderhemmwerk, das den Zeitenbereich auf die damals sehr wichtige Verschlußzeit 1/10 Sekunde verlängerte und außerdem die 1/25 Sekunde sicherer machen sollte, als bei anderen zeitgenössischen Fabrikaten von Selbstspannverschlüssen. Nach der Quellenüberlieferung gab es beim Velax trotzdem immer wieder Probleme mit diesen beiden Verschlußzeiten.

Im obigen Messebericht aus dem Jahre 1951 wurde bereits angedeutet, daß im Mimosa-Werk zu jener Zeit auch die Konstruktion eines hochwertigen Spannverschlusses in Angriff genommen wurde [Vgl. dazu auch: Thiele, Photoindustrie, S. 33]. Aus dem Protokoll einer Tagung vom 23. Januar 1950 [Vgl. Ebenda, S.37 ff] geht hervor, dass ein solcher Verschluß der Baugröße 00 voraussichtlich im März 1950 als Null-Serie vorgeführt werden könne und er den Namen Heliax tragen wird. Im Messebericht oben und in einem Prospekt  unten auf der Seite ist wiederum von einem Spannverschluß Corona die Rede. Doch weder jener Heliax, noch der Corona gelangten letztlich bei Mimosa in die Produktion. Unser Leser Stefan Lange verweist aber darauf, wie sehr sich die Daten jener beiden Projekte (u.a. der Verschlußzeitenbereich 1...1/300 Sekunde) mit dem späterem Tempor 00 überschneiden, der ab etwa 1952 in der Taxona eingebaut wurde. Lediglich das Vorlaufwerk ("Selbstauslöser") ist nicht vorhanden und zwar indem der Verschluß offenbar einfach nicht mit den nötigen Bauteilen des Hemmerkes bestückt wurde. Nicht auszuschließen also, daß die Vorarbeiten zu diesen Mimosa-Spannverschlüssen vom VEB Zeiss Ikon genau so übernommen wurden, wie die gesamte Fertigungsstätte.

Mimosa II Prontor II

Als im Januar/März-Heft 1949 der Fachzeitschrift "Die Fotografie" auf Seite 2 die Mimosa wörtlich als Neukonstruktion vorgestellt wurde, war ein Exemplar abgebildet wie das oben gezeigte - also die bereits weiterentwickelte Mimosa II mit einem Prontor II und dem Meritar. In Wirklichkeit war die Kamera bereits im Jahr zuvor gezeigt worden. Bild: Stefan Lange


Unten: Werbung für die Mimosa II mit Frontlinseneinstellung in der Fachzeitschrift Bild & Ton vom November 1949. Das etwas unförmige Kameragehäuse konnte im Vergleich zu damals üblichen Springkameras mit Stabilität glänzen und zumindest bei Modellen mit Selbstspannverschluß war eine stete Aufnahmebereitschaft ohne vorherige Spannvorgänge gegeben.

Mimosa II Werbung 1949

3. Das frühe Aufgeben der Mimosa-Konstruktion

Ein solcher Spannverschluß – gleichgültig ob nun Heliax, Corona oder Tempor genannt – mit seinem größeren Verschlußzeitenbereich und vor allem seinem deutlich besseren Wirkungsgrad ist aber offenbar während der gesamten restlichen Produktionszeit der Mimosa nicht mehr bei ihr zum Einsatz gekommen. Für solche gehobenen Ansprüche mußte daher beispielsweise der Prontor II (bis 1/250 s) oder Prontor S (bis 1/300 s) aus der Bundesrepublik importiert werden. Anhand eines solchen Mimosa-Exemplars mit Prontorverschluß, wie es oben zu sehen ist, kann man aber auch wunderbar aufzeigen, wieso es letztlich gar nicht sinnvoll war, einen hochwertigen Spannverschluß gezielt für die Mimosa zu entwickeln. An und für sich war die Mimosa ja eine recht einfach zu bedienende Kamera. Nach dem Einlegen des Filmes war nur noch abwechselnd der Film zu transportieren und auszulösen. Das lag daran, daß der Velax einer Mimosa genau in dem Augenblick gespannt wurde, wenn man ihren Auslöseknopf niederdrückte. Daher schließlich der Name Selbstspannverschluß. Mit dem Einsatz eines Spannverschlusses kam nun aber stets ein zusätzlicher Bedienungsvorgang hinzu: Nach dem Filmtransport mußte in einem zweiten Bedienschritt der Verschluß gesondert gespannt werden, bevor ausgelöst werden konnte. Das war um 1950 einfach nicht mehr zeitgemäß – vor allem für eine Kleinbildkamera starrer Bauart.

Mimosa Versuchskamera

Bei dieser Mimosa handelt es sich um eine hauseigene Musterkamera des VEB Zeiss Ikon. Die Objektiv-Verschluß-Kombination mit dem unvergüteten Trioplan ist viel älter als das Kameragehäuse, das mit der Seriennummer 20.834 sehr spät eingeordnet werden muß [Bilder: Benjamin Kotter].

Die konstruktiv ziemlich simpel aufgebaute Mimosa war aber in der Weiterentwicklungsfähigkeit sehr beschränkt. Eine Ertüchtigung hin zur Kupplung von Filmtransport und Verschlußaufzug war auf der bestehenden Kamera-Basis einfach ausgeschlossen. Zwar ist im Besprechungsprotokoll der oben bereits erwähnten Fachausschußtagung vom 29. Dezember 1949 erwähnt, daß bereits an einer Mimosa III mit Schnellaufzug und Entfernungsmesser gearbeitet werde, doch diese Arbeiten wurden bekanntermaßen nicht zuendegeführt. Schließlich wäre es mit dem besagten Schnellaufzug nicht getan gewesen. Um damit auch den Verschlußaufzug zu verknüpfen, hätten aufwendige Koppelgetriebe in der Kamera untergebracht werden müssen. Das ist nur selten bei einer bereits bestehenden Kamera im Nachhinein machbar. So läßt sich an der Altix wunderbar ablesen, wie eine solche nachträgliche Kupplung letztlich auf eine völlige Neukonstruktion der Kamera hinauslaufen mußte.

4. Die ihrer Ära geschuldete Typenvielfalt der Mimosa

Geradezu legendär sind bei dieser Mimosa vor allem in ihrer Anfangszeit die unglaublich vielen Varianten, bedingt durch die Bestückung mit verschiedensten Verschlüssen und Objektivtypen mannigfaltigster Provenienz. Man erkennt an diesem Umstand, in welcher Zeit diese Kamera gefertigt wurde und wie schwer es gewesen sein mag, das notwendige Material zu beschaffen. Kaum eine erhalten gebliebene Kamera gleicht daher heute der anderen. Man darf wohl zudem davon ausgehen, daß damals sowohl neuproduzierte Teile wie auch "aufgetriebene" Lagerware verbaut wurde. Seltsame Blüten trug dieser Umstand nicht selten wie zum Beispiel bei der unten gezeigten Mimosa II, wo die Blendenskala in ihrem linken Teil nach der alten deutschen, ab Blende 8 aber nach der internationalen Blendenreihe skaliert ist. Oder schauen Sie sich bei den wenigen auf dieser Seite gezeigten Kameras die Verknüpfung zwischen Gehäuseauslöser und Verschluß an: Bei fast allen Verschlußtypen mußte eine individuelle Adaption vorgenommen werden.

In den letzten Jahren und speziell unter der Zeiss-Ikon-Ägide hat es dann dahingehend eine gewisse Vereinheitlichung gegeben. Auch steigt meiner Sicht nach die Fertigungsqualität etwas an. Besonders hervorzuheben ist jedoch die Einführung von Modellen mit einer Schneckengang-Scharfstellung. Damit wurde das Problem beseitigt, daß die bisherige Frontlinseneinstellung zwar eine mechanisch sehr simple Lösung darstellte – allerdings leider auch stets ein wenig auf Kosten der Abbildungsqualität. Für die gerade erst mit neuen Glassorten überarbeiteten bzw. neukonstruierten Objektivbestückungen wie das Meritar und vor allem das Trioplan, die zudem jetzt auch durchweg vergütet geliefert wurden, war eine solche Frontlinsenverstellung eine recht zwiespältige Sache, weil mit dem Antasten von Linsenabständen der Zugewinn an Bildleistung bei den neuen Objektiven sogleich wieder infrage gestellt wurde. Es darf freilich nicht verschwiegen werden, daß der Einbau eines Schneckengangs eine deutliche Verkomplizierung und damit auch Verteuerung der Herstellung der Mimosa bedeutete.

Dieses Bild einer Mimosa II hat schon für viele Zuschriften gesorgt. Viele bezweifeln, daß diese Kamera von Anfang an mit dem Tessar ausgestattet gewesen ist, vor allem, weil Zeiss Jena explizit keine Bestückung des Velax mit diesem Objektivtyp wünschte. Auch deutet die Gravur der Blendenzahl 2,9 auf einen nachträglichen Umbau hin. Für solche Umbauten oder Ersatzbestückungen gibt es etliche Beispiele.

Für die unter der Ägide des VEB Zeiss Ikon gefertigten Mimosas ist charakteristisch, daß sie sowohl eine Kamera- wie eine Fabrikationsnummer tragen. In dieser offenbar nur kurz andauernden Phase werden aber noch einmal erstaunlich große Stückzahlen erreicht.

In der obigen Draufsicht auf eine Mimosa erkennt man sofort, woher sich ihr Spitzname "das Brikett" ableitet: Die erhebliche Dicke ihres Kameragehäuses. Abschließend will ich daher noch auf einen weiteren Grund verweisen, wieso die Mimosa nach so kurzer Zeit bereits wieder unmodern geworden war und eine technisch nicht weiterentwicklungsfähige Sackgasse darstellte. Legt man nämlich bei einer Kleinbildkamera eine Brennweite ihres Objektivs von 50 mm zugrunde, dann bedeutet dies im Endeffekt nichts anderes, als daß die Mitte dieses Objektivs in etwa 5 cm von der Bildebene entfernt sein muß. Wenn man die Kamera nun so konzipiert, daß der Zentralverschluß ganz klassisch zwischen den beiden Hälften des Objektives angeordnet sein soll, dann rückt dieser Verschluß weit von der Bildebene weg und sorgt für eine insgesamt recht ausladende Bauart.

Mimosa Beltica Vergleich

Diese unangenehme Verdickung der Kamera hatte man bis dahin oft dadurch zu vermeiden versucht, indem man sie als Springkamera auslegte, die sich auf Knopfdruck öffnete und quasi entfaltete. Diese Art der Photogeräte mit ihren wackeligen Objektivstandarten und dem anfälligen Lederbalg waren aber für das hohe Präzision verlangende Kleinbild eine ziemlich ungünstige Lösung. Deshalb war ja die starre und vollständig aus Metall bestehende Mimosa zunächst ein sehr großer Fortschritt. Doch bereits in der Zwischenkriegszeit hatte man mit Kameras wie der Tenax eine Bauart entwickelt, bei der der Verschluß nicht inmitten des Objektivs saß, sondern zwischen ihm und dem Kameragehäuse. Ursprünglich als Lösung dafür gedacht, auch bei Zentralverschlußkameras Wechselobjektive möglich zu machen, wurde diese Bauart des Hinterlinsenverschlusses nach dem Zweiten Weltkrieg auch gern bei Sucherkameras mit fest eingebautem Objektiv angewendet, weil dadurch der eigentliche Kamerakörper so schlank gehalten werden konnte, wie bei den Springkameras. Der "tote Raum" zwischen Objektiv und Gehäuse wurde bei diesen Typen nämlich sinnvoll durch den Zentralverschluß ausgefüllt. Nur Objektiv und Verschluß ragten als Tubus aus dem schlanken Kameragehäuse hervor.


Die bekanntesten Kameras aus der DDR, die dieser Konstruktionsidee folgten, waren die Werra des VEB Carl Zeiss Jena und die Altix der Altissa-Werke. Auch bei mannigfaltigen Herstellern der Bundesrepublik war diese Bauweise in den 50er Jahren sehr beliebt. Vor diesem Hintergrund erklärt sich, weshalb die brikettartige Mimosa offenbar schon zu ihrer Zeit als eine Kuriosität des Kameramarktes angesehen wurde und ihre Formgebung daher kaum Nachahmer fand.


Hervorzuheben ist aber noch, daß die Mimosa trotz ihres eher schlichten Aufbaus eine konsequente Doppel- und Leerschaltsperre zu bieten hatte. Es war also weder möglich, den Verschluß auszulösen, bevor nicht ein unbelichtetes Stück Film im Bildfenster lag, noch konnte zum nächsten Bild transportiert werden, bevor nicht ausgelöst worden war. Diese wichtige Eigenschaft war damals bei einfachen Amateurkameras längst noch nicht Standard. Vor allen bei den Mimosa-Modellen mit dem automatischen Velax hatte sich dadurch die Bedienung der Kamera sehr vereinfacht. Konnte die Kamera nicht ausgelöst werden, mußte erst der Film transportiert werden. Konnte hingegen der Film nicht transportiert werden, so war die Aufnahme eben noch nicht belichtet worden.


Bei Kleinbildkameras wie der Beltica oder der Welti wurde zwar der Bildtransport automatisch nach einer Bildlänge gestoppt, aber für die Freigabe zur nächsten Aufnahme war zusätzlich zum Auslöser noch eine separate Freigabetaste zu drücken. Bei der Beltica konnte man obendrein noch unabhängig vom Filmtransport mehrfach auslösen oder eben auch gar nicht, was entsprechend zu den ärgerlichen Doppelbelichtungen oder den leer gebliebenen Filmabschnitten führte. In dieser Hinsicht war die Mimosa trotz ihrer Einfachheit von Anfang an gut durchkonstruiert und sie muß daher für ihre Klasse der einfachen Amateurkameras als ausgesprochen vorbildlich angesehen werden.

Nach Einschätzung von Stefan Lange dürften von der Mimosa in den maximal vier Jahren Produktionszeit alles in allem knapp 21.000 Stück hergestellt worden sein. Davon wiederum zwischen zweieinhalb- und dreitausend Stück der Mimosa I. Dabei ist noch nicht einmal klar, wie lang die Produktion letztlich andauerte. Sie könnte bereits spät im Jahr 1951 geendet haben; wahrscheinlicher ist aber eine Montage bis 1952. Ich halte es für sehr denkbar, daß die Mimosa Platz machen mußte zugunsten der kleinen zierlichen Taxona, die im gleichen Werk gefertigt wurde und deren Stückzahlen ab 1952 stark gesteigert wurden (was sich aus einem hohen Ausstoß des Tessars 3,5/37,5 mm bei Zeiss Jena ab Sommer 1952 schließen läßt).

Oben ist eine Bedienungsanleitung der frühen Mimosa II zu sehen, die im Februar 1949 gedruckt wurde. Bemerkenswert ist die Dominanz des Prontor II Zentralverschlusses in dieser Anleitung, was sich mit der Beobachtung Stefan Langes deckt, daß frühe Mimosa II sehr oft mit genau diesem Verschluß ausgestattet sind. Nachdem offenbar ein Kontingent dieses westdeutschen Verschlusses aufgebraucht war, wird aber in der Folgezeit fast ausschließlich der Velax verwendet und Mimosas mit Spannverschlüssen geraten zur Ausnahme.


Unten die wohl letzte Bedienungsanleitung zur Mimosa, gedruckt im Februar 1952 in einer Auflage von 5000 Stück. Es mag wohl sein, daß unsere Mimosa zu jener Zeit schon nicht mehr gefertigt wurde, aber wir können sicher sein, daß noch Kameras auf Lager lagen, die für den Verkauf mit einer Anleitung komplettiert werden mußten. Die Herstellerangabe lautet jetzt VEB Zeiss Ikon und die Möglichkeit, daß die Kamera einen anderen Verschluß als den Velax haben könnte, ist nicht einmal mehr erwähnt.

5. Das Ende von Mimosa in Dresden

Aus Veröffentlichungen in der Fachliteratur wird ersichtlich, daß der VEB Mimosa Dresden in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre genau so von Auseinandersetzungen mit bundesrepublikanischen Firmen um die Warenzeichenrechte betroffen war, wie der VEB Zeiss Ikon. Nicht nur, daß der Betrieb zum 1. Januar 1959 auf den Markenname "Mimosa" vollständig verzichten mußte [Vgl. Fotofalter, 3/1959, S. 79.], sondern drei Jahre später sah er sich sogar gezwungen, überstürzt das Vephota-Warenzeichen aufzugeben, weil es offenbar zu sehr an dasjenige von Mimosa angelehnt war [Vgl Fotofalter, 4/1962, S. 98]. Alle vorhandenen Werbematerialien mußten aus Furcht vor Klagen aus der Bundesrepublik vernichtet werden. Das dürfte der Grund sein, weshalb der Markenname "Mimosa" ebenso rasch wie derjenige von "Zeiss Ikon" vollständig aus dem öffentlichen Bewußtsein verschwand. Wir Deutschen werden eben mit unserer Vergangenheit im 20. Jahrhundert konfrontiert, wo auch immer wir genauer hinschauen...

Vephota
Fotofalter 3/1959
Fotofalter 4/1962

Marco Kröger


letzte Änderung: 30. Januar 2024