Praktica L

Die Praktica L-Reihe

Mit dem Aufstieg des Japanischen Kamerabaus während der 1960er Jahre stand die DDR-Photoindustrie unter einem enormen Zugzwang. Dabei fällt bei dieser neuen Praktica-Reihe nicht nur das Bestreben auf, technisch konkurrenzfähig zu bleiben, sondern mit einer Vielzahl an Eigenentwicklungen auch die Lizenznahme ausländischer Patente zu vermeiden.

Praktica L

1. Der Weg zur Reflexkamera als industrielles Massenprodukt

Man kommt nicht umhin, immer wieder auf die turbulente Zeit der späten 50er und frühen 60er Jahre zurückzublicken, wenn gewisse Entwicklungen im DDR-Photogerätebau im Nachhinein erklärt werden sollen. Schließlich ist es doch bemerkenswert, daß von den verschiedenen Grundtypen der Dresdner Kleinbild-Spiegelreflexkameras mit Hoheisels Praktiflex nun gerade das einfachste Modell als Basis für Weiterentwicklungen genutzt wurde. Winzenburgs Spiegel-Contax, Nüchterleins Exakta und Böhms Praktina waren entweder bereits eingestellt worden oder sie wurden wie im Falle der Exakta so lang unverändert weitergebaut, bis sie sich nicht mehr absetzen ließen. Zu Jahresbeginn 1959 war zwar ein neuer Kamera-Großbetrieb durch Zusammenlegung fast aller Einzelbetriebe des Photogerätebaus gebildet worden, aber es wurden mit Kameras wie der Pentina und der Prakti neue Produkte eingeführt, die auf der Vorgängerfirma VEB Zeiss Ikon beruhten. Trotz aller Vorschußlorbeeren stellten sich diese Gerätschaften aber bereits nach kurzer Zeit als eklatanter kommerzieller Fehlschlag heraus, was zur Folge hatte, daß sie Basis für die Auslastung eines der größten Photobetriebe der Welt seine Produktion versagten.


Diese Lage hatte nun geradezu zwangsläufig einen enormen Bedeutungsgewinn der Erzeugnisse des ehemaligen VEB Kamera-Werke Niedersedlitz innerhalb des neuen Großbetriebes zur Folge, was sicherlich auch nicht ohne gewisse Friktionen unter den Anghörigen der ehemaligen Einzelbetriebe einherging. Schließlich sah man sich in Dresden Striesen, wo die Vorgängerfirmen Ernemann und Ica angesiedelt waren, als Zentrum des Weltrufs des Dresdner Kamerabaus. Und jetzt sollten hier Niedersedlitzer Prakticas gebaut werden?

Diese auf Alois Hoheisels Praktiflex zurückgehende Kleinbild Reflexkamera war unmittelbar nach dem Kriege durch Siegfried Böhm zunächst von einer manufakturellen zu einer industriellen Herstellungsweise umgestellt worden. Parallel dazu lief eine fortwährende Aufwertung der Kamera, sodaß sich die erreichbaren Stückzahlen auch hervorragend absetzen ließen. Dabei wurde der Grundaufbau mit dem einfachem Vierwellen-Rolloverschluß der Vorkriegs-Praktiflex stets beibehalten, aber aber die Verschlußzeitensteuerung sowie das Spiegel- und das Suchersystem wurden sukzessive erweitert und modernisiert. Während in der Zeit um 1963/64 die gerade erst in die Produktion überführten Kameras Pentina und Prakti wieder eingestellt werden mußten, weil sie regelrecht auf Halde produziert wurden, war in Niedersedlitz die Praktica Nova geschaffen worden. Man faßte den Entschluß, diese deutlich gefälliger aussehende Praktica-Generation auf eine Großserienproduktion umzustellen und die dafür nötigen Fließbänder wurden nun in Striesen eingerichtet im ehemaligen Ica-Werk in der Schandauer Straße 76 [Vgl. Jehmlich, Pentacon, 2009, S. 127]). Statt etwa 2500 Kameras in Niedersedlitz konnten hier nun mehr als 5000 Stück im Monat gefertigt werden und nach Aufbau eines zweiten Fließbandes waren es fast 8000.

Praktica MTL Zeichnung

Doch dieser Erfolg sollte nicht darüber hinwegtäuschen, daß damit das Potential dieser aus den späten 30er Jahren stammenden Grundkonstruktion bereits vollkommen ausgeschöpft worden war. Die Bauteile des Gummituchverschlusses mußten beispielsweise einzeln nacheinander in den Druckgußkörper der Kamera eingebaut werden. Für eine noch rationellere Produktion wäre es unumgänglich, bereits vormontierte Baugruppen nur noch montieren und abgleichen zu müssen. Dafür bedurfte es aber einer komplett neukonzipierten Kamera, die strikt nach der sogenannten Modulbauweise konstruiert sein müßte. Das heißt die Kamera gliedert sich nur noch in wenige Hauptbaugruppen, die ihrerseits teils automatisiert vorgefertigt werden könnten und anschließend nur noch zusammengefügt werden müßten. Es waren diese Erkenntnisse aus den ersten Erfahrungen mit der Fließbandfertigung, die dazu führten, daß sich der VEB Pentacon Dresden in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre dazu entschloß, eine vollkommen neue Kamerageneration zu entwickeln und damit Hoheisels Ansatz nach ziemlich genau drei Jahrzehnten ad acta zu legen.

Praktica L Träger

Zu den wichtigsten Schritten auf dem Weg in diese konsequente Modulbauweise gehörte die Separierung des gesamten Suchersystems samt Spiegelmechanik in einer eigenen Baugruppe, die in Dresden schlicht als Träger bezeichnet wurde. Neben dem Spiegel und seiner Rückschwing-Einrichtung wurde hier auch der Prismensucher mitsamt Lichtkonzentrator und Fotowiderstand untergebracht, wenn das entsprechende Kameramodell mit einer Innenlichtmessung ausgestattet sei sollte. Auch die Abgleichanzeige des Belichtungsmessers im Sucher entweder per Drehspulmeßwerk oder durch Leuchtfelder war Teil dieses Trägers. Die vielen unterschiedlichen Ausstattungsvarianten, durch die die Praktica L-Reihe gekennzeichnet war, manifestierten sich dabei zum überwiegenden Teil in einer unterschiedlichen Bestückung dieses Trägers. Waren beim Grundmodell Praktica L der Raum für den Lichtkonzentrator und das Meßinstrument einfach freigelassen, so wurden beispielsweise bei der Praktica LTL2 durch Glühlampen illuminierte Leuchtfelder neben dem Sucherbild installiert.

Praktica L Modulbauweise

Diese in unterschiedlichen Ausstattungen bestückten und vorjustierten Träger wurden dann in das eigentliche Chassis der Kamera montiert, wo die Bildführung, das Spann- und Transportgetriebe, das Sucherokular und natürlich der Schlitzverschluß untergebracht waren. Dieser Kameragrundkörper war gewissermaßen bei allen Kameramodellen der Praktica L-Reihe gleich aufgebaut. Nennenswerte Unterschiede gab es nur zwischen den verschiedenen Generationen der fast genau 20 Jahre lang gefertigten L-Reihe. So wurde beispielsweise mit der dritten Generation in den späten 70er Jahren ein verbessertes Okular mit vergrößertem Einblick und einer Linse aus Glas statt aus Plastwerkstoff eingeführt. Auch die Befestigung des Blitzschuhs wurde abgeändert, um das zum Blindwerden neigende Prisma austauschen zu können, ohne den ganzen Träger demontieren zu müssen. Von diesen Detailveränderungen abgesehen zeugt das von einer außerordentlich geglückten Konstruktion. Die Praktica L-Kameras blieben ja nicht zuletzt auch deshalb noch so lange im Programm, weil sie sich so kostengünstig herstellen ließen und daher noch bis in die späten 80er Jahre bei westdeutschen Versandhändlern guten Absatz fanden, wo ein außerordentliche harter Preiskampf stattfand.

Praktica L Schlitzverschluss

Die zentrale Baugruppe für diese Modulbauweise war natürlich der Stahllamellenverschluß, der Ende der 60er Jahre die große Innovationsleistung für diese völlig neue Praktica-Generation darstellte. Das namensgebende L bezieht sich dabei auf die charakteristischen Lamellenpakete, die eine völlige Abkehr vom bisherigen Gummituch-Rolloverschluß einleiteten. Diese Abkehr war in Etappen erfolgt, da für die etwas ältere Spitzenkamera Pentacon Super noch eine Verschlußkonstruktion entwickelt worden war, die sich gewissermaßen als eine Gemischtbausweise aus Rollo- und Lamellenverschluß ansehen läßt (siehe weiter unten). Durch konsequente Weiterentwicklung war für die neue Mittelklassen-Kamera Praktica L eine reine Metallbauweise ohne die anfälligen Gummitücher erzielt worden.


Zur neuen Modulbauweise trug natürlich im erheblichen Ausmaß bei, daß auch dieses Herzstück der Kamera nun vollständig als vormontierte Einheit eingebaut werden konnte, und nicht mehr aus Einzelteilen heraus wie ein Puzzle innerhalb der Kamera zusammengesetzt werden mußte. Zwar wurden zu jener Zeit in der japanischen Photoindustrie auch Rolloverschlüsse in Form von separaten Baugruppen entwickelt, doch besticht ja gerade der Lamellenverschluß der Praktica durch seine flache Gestalt, seine wenigen Einzelteile und vor allem durch die Abwesenheit irgendwelcher Zahnradgetriebeteile. Solange sich die Kamerahersteller noch nicht durch ausgesprochene Kompaktbauweise ihrer Reflexkameras zu übertreffen versuchten, stellte diese in Dresden gefundene Bauweise ein sehr gutes Optimum zwischen Aufwand und Leistungsfähigkeit dar.

Praktica L Holzmodell

Interessant ist, wie man diese neue Bauweise aus Kameragrundkörper und getrenntem Träger in den 60er Jahren bei Pentacon entwickelt hat. Dieses filigrane Holzmodell, das sich aus jender Zeit erhalten hat,  zeugt von einer Arbeitsweise lange vor jeder computergestützten Konstruktion und automatischer Fertigungsanlagen. Während man derartige sogenannte Urformen heute mit einem 3D-Drucker per Mausklick fertigen kann, war damals großes handwerkliches Geschick beim Anfertigen eines derartigen Musters nötig. Es handelt sich um ein spezielles Holz, sehr leicht und gleichzeitig sehr fest.

Praktica L Holzmodell
Praktica L Holzmodell

Im Vergleich mit einem L-Grundkörper sieht man die etwas kompaktere Form des Musters. Der Ausschnitt für die große PX21-Batterie der Praktica LLC ist aber bereits vorhanden; ebenso der Batterieraum im Boden des Trägers.

Praktica L Holzmodell

2. Die Evolution des Praktica-Lamellenverschlusses

Auf gewissen Internetseiten muß man lesen, daß Pentacon bei der Praktica L-Reihe und der Exakta RTL1000 einen Schlitzverschluß von Copal verbaut habe. Das ist natürlich Unsinn und soll hier einmal richtiggestellt werden.

Die Praktica LLC war das Spitzenmodell der 1969 vorgestellten neuen Baureihe. Zu diesem Zeitpunkt war sie international vollkommen konkurrenzfähig - nicht zuletzt auch aufgrund des modernen Verschlusses.

Abstract: Unlike you can read on the internet the Praktica L series and the Exakta RTL1000 were NOT equipped with a focal plane shutter made by Copal. As a matter of fact this shutter was developed by Pentacon itself during the 1960s and patented correspondingly.

Die  Entwicklung des Stahllamellenschlitzverschlusses, wie er seit 1969 in der Praktica L-Reihe eingesetzt wurde, hat eine viel weiter zurückreichende Geschichte, als bislang allgemein bekannt ist. Wenn man bedenkt, daß mit der Konica F im Jahre 1960 das erste Mal eine Kamera mit einem solchen Verschluß vorgestellt wurde und diese zudem fast nur auf dem Japanischen Markt einen gewissen Erfolg verbuchen konnte, so muß man von einer raschen Reaktion der Dresdner Konstrukteure auf diesen neuen Entwicklungspfad sprechen, wenn sie bereits ein Jahr später selbst erste Patentanmeldungen auf diesem Gebiet vorzuweisen hatten. Es liegt nämlich eine DDR-Schutzschrift Nr. 27.434 vom 4. Mai 1961 vor, bei der das Grundprinzip des späteren Scherenhebelverschlusses schon erkennbar ist. Horst Strehle, Günter Heerklotz und Hans Zimmet arbeiteten damals an dieser Konstruktion.

Scherenhebelverschluß 1961

In dieser ersten Ausführungsform bestand der Scherenhebelverschluß aus nur zwei Lamellen je Vorhang.  Das wäre natürlich auf eine ziemlich voluminöse Bauart hinausgelaufen, die sich kaum in einer üblichen Kameraform hätte unterbringen lassen.

Die hauptsächliche Problematik eines solchen Lamellenverschlusses dreht sich nämlich darum, wie die fächerartig übereinandergelegten Lamellen beweglich gelagert werden, damit sie sowohl im eingefahrenen wie im entfalteten Zustand parallel zueinander liegen. Der Japanische Verschlußhersteller Copal arbeite bei seinem Copal Hi Synchro mit einer sogenannten Parallelkurbelführung. Hier waren die  Metalllamellen durch aufwendige Vernietungen an zwei parallelen Hebelarmen befestigt. Es hat sich herausgestellt, daß dieser Aufbau aus verschiedenen Gründen der zweckmäßigste ist. Vor allem als ab Mitte der 1970er Jahre immer kompaktere Spiegelreflexkameras angestrebt wurden, zeigten sich die platzsparenden Lösungsmöglichkeiten, die dieser Konstruktion innelagen. Kompakter Aufbau bedeutet aber auch gleichsam geringes Gewicht und damit auch geringe Trägheitsmomente. Das war Grundvoraussetzung für immer schnellere Ablaufgeschwindigkeiten der Vorhänge und damit kürzere Verschlußzeiten und kurze Offenzeiten. Und nicht zuletzt was die elektromagnetische Ansteuerung der Lamellenpakete betrifft, bot der Parallelkurbelverschluß günstigere Möglichkeiten. Heute sind daher quasi alle Lamellenverschlüsse nach diesem Prinzip aufgebaut.

Copal Pentacon Vergleich

Für den VEB Kamera- und Kinowerke Dresden kam seinerzeit diese Lösung aber durch patent- bzw. lizenzrechtliche Hindernisse nicht infrage. Ihre eigene Entwicklung arbeitete nicht mit parallelen, sondern überkreuzliegenden Traghebeln, vergleichbar mit einer Schere. Es hat sich zwar gezeigt, daß auch nach diesem Prinzip leistungsfähige Lamellenverschlüsse in sehr hohen Stückzahlen mit langer Lebensdauer fabriziert werden konnten. Nur der Miniaturisierung dieser Bauweise waren von Anfang an Grenzen gesetzt. 


Auf der anderen Seite waren die Kamera- und Kinowerke bzw. Pentacon mit dieser Entwicklungsarbeit ganz weit vorn im internationalen Vergleich. An die Konstruktion und industriemäßige Herstellung von Metalllamellenschlitzverschlüssen wagten sich nur wenige Konkurrenzfirmen. Selbst die führenden Japanischen Kamerahersteller verzichteten praktisch vollständig auf Eigenkonstruktionen, sondern kauften die ausgereiften Lamellenverschlüsse der Anbieter Copal oder Seikosha und paßten sie in ihre Kameras ein. So kommt es, daß die Kameras erbitterter Konkurrenten dieselben Schlitzverschlüsse haben.

Copal Pentacon Vergleich

Wie oben begründet, hat der Verschluß nach Patent Nr. 27.434 den Nachteil, sehr voluminös zu sein. Außerdem befürchtete man, die beiden großen Lamellen je Vorhang würden zu schwer, um schnelle Ablaufgeschwindigkeiten zu erreichen. Daher hat man diesen o.g. Verschluß im Bundesdeutschen Patent Nr. 1.145.474 vom 22. Juni 1961 so abgewandelt, daß nur noch eine Lamelle verwendet wurde, die das Bildfenster nur teilweise abdeckte. Der Rest des Bildfensters wurde mit flexiblem Gummituch verschlossen, das jeweils auf einer Federwalze aufgerollt oder alternativ einfach umgebogen wurde. Genau diese Kombination aus Lamellen- und Rolloverschluß wurde 1967 in der Profikamera Pentacon Super verwirklicht. Der große Vorteil dieser Lösung bestand darin, daß tatsächlich hohe Ablaufgeschwindigkeiten erreichbar waren und die auftretenden Kräfte im beherrschbaren Maß blieben. Damit war es möglich bei der Pentacon Super eine kürzeste Verschlußzeit von 500 µs zu erreichen, die erfahrungsgemäß auch ein halbes Jahrhundert später noch sehr exakt eingehalten wird. Der Nachteil bestand aber darin, daß auch dieser Verschluß alles andere als kompakt ausfiel, was zu einer entsprechend groß gebauten Kamera führte.

Pentacon Super Verschluß
Pentacon Super Verschluß

Daß diese Verschlußtechnologie offenbar schon im Sommer 1961 bereitstand, gibt zu denken. Welche Entwicklung hätte der Dresdner Kamerabaustandort nehmen können, wenn man zu jener Zeit die Produktion der Praktina nicht eingestellt, sondern diese Kamera entsprechend weiterentwickelt hätte. Wir wissen ja heute in der Rückschau, daß die Dresdner ihr weltweit erstes, hochentwickeltes und professionellen Ansprüchen genügendes Kamerasystem gerade eingestellt hatten, als sich der Markt für solch ein Segment erst voll auszubilden begann. Diese Lücke wurde quasi nahtlos von den in den Startlöchern sitzenden japanischen Herstellern wie Nikon oder Topcon besetzt und war 1968, als die Pentacon Super endlich ausgeliefert wurde, ein für alle Mal verloren.

Nicht verloren war hingegen das Marktsegment der anspruchsvollen Amateurreflexkameras. In einer Zeit, als in der Bundesrepublik fast die gesamte Kameraindustrie ihrem Ende entgegenging, hatte man in Dresden eine neue Kamerageneration entwickelt, die mit ihren technischen Leistungsmerkmalen und ihrem äußeren Erscheinungsbild durchaus international konkurrenzfähig war. Dazu trug nicht zuletzt auch der Verschluß der L-Reihe bei, der eine Verkollkommnung des seit Anfang der 60er eingeschlagenen Scherenhebel-Prinzips darstellte. Der Unterschied lag darin, daß dieser nun mit drei sich übereinanderlegenden, hauchdünnen Stahllamellen arbeitete. Dazu waren im wesentlichen zwei Entwicklungen nötig, die in den DDR-Schutzschriften Nr. 67.026 und 67.027 vom 2. Februar 1968 dargelegt sind. Diese Patente betreffen in der Hauptsache die Aufhängung der Lamellenpakete und deren Parallelführung.


Damit war der Scherenhebelverschluß eine vollkommen eigenständige Entwicklung der Dresdner Kamerabauindustrie, die den Zukauf dieser zentralen Baugruppe von Spezialfirmen erübrigte. Er war nicht die Ideallösung, was sich etwa zehn Jahre später zeigte, als mit der Praktica B200 eine Kamera in Kompaktbauweise entwickelt werden sollte und die Lösung mit hinter dem Sucherokular einrauchenden Lamellenpaketen große konstruktive Probleme bereitete. Für die Praktica BX20 ging man dann sogar zum Parallelkurbelverschluß über, als die mittlerweile abgelaufenen Grundpatente dies ermöglichten. Trotzdem hat sich der Scherenhebelverschluß der L-Reihe als ausgereift und standfest erwiesen. Immerhin wurde er in annähernd fünf Millionen Kameras eingebaut.

Praktica VLC schwarz
70062827 Ringtisch

Darauf waren sie bei Pentacon richtig stolz: Der Ringtisch zur Bearbeitung der rohen Druckgußgehäuse [Deutsche Fotothek Nr.  70062827]. Dieses Gerät konnte bohren, senken, gewindeschneiden etc. und zwar an allen sechs Seiten der Kamera. Oben, unten, vorn, hinten, links, rechts. Im Inneren des Gerätes waren bis zu 48 Bearbeitungsmaschinen und Kontrollstationen befestigt und auf dem äußeren Ring wurden die Kameragehäuse eingespannt um dann zwischen 50 und 60 Bearbeitungen zu durchlaufen. Die Taktzeit betrug je Kamera bloße 45 Sekunden. Per Hand hätte man ein Vielfaches an Zeit dafür gebraucht. [Vgl. Jehmlich, Pentacon, 2009, S. 149].

Praktica LLC schwarz

Marco Kröger


letzte Aktualisierung: 29. März 2023